Schlechte Erfahrungen ergeben gute Anforderungen

Wir Menschen versuchen nach schmerzhaften Erlebnissen, ähnliche Erfahrungen künftig zu vermeiden; unsere Emotionen unterstützen uns dabei. Das ist hilfreich und notwendig. Oft jedoch tun Menschen des Guten zu viel und schütten gleichsam das Kind mit dem Bade aus: Sie werten ihre Erfahrungen nicht genügend aus und vermeiden in einer Kurzschluss-Handlung alles, was auch nur im Entferntesten an die unangenehme Erfahrung erinnert.

Peter Näf

Vor einigen Jahren machte ich mit einer Kundin eine berufliche Standortbestimmung. Sie hatte einen wechselhaften Werdegang: Begonnen hatte Sie ihre berufliche Karriere mit einer Lehre im Gastgewerbe. Anschliessend arbeitetet sie während einigen Jahren in einem Speiserestaurant. Angefangen als Kellnerin, übernahm sie mit der Zeit als Chef de Service die Rolle der Gastgeberin, was ihr viel Freude bereitete. Nach einigen Monaten hat es ihr nicht mehr gefallen und sie hat gekündigt. Die nächste berufliche Station war der Fachhandel. Sie arbeitete wiederum während weniger Jahre mit Freude im Verkauf.

Gehen Sie Ihren Erfahrungen auf den Grund

Auch bei dieser Stelle hat irgendwann etwas nicht mehr gestimmt und sie hat gekündigt. Schliesslich arbeitete sie im Sicherheitsdienst einer grossen Unternehmung. Nach anfänglicher Zufriedenheit stellten sich aber auch hier Motivationsprobleme ein, weshalb sie mich aufsuchte.

Sie konnte mir nicht sagen, was Sie bei den verschiedenen Stellen zum Weggang bewogen hatte, da sie die Gründe dafür nie in der Tiefe analysierte. Sie ging davon aus, dass die jeweilige Funktion ungeachtet anfänglicher Zufriedenheit kein geeigneter Beruf für sie war.

Wir untersuchten für die erste Stelle im Restaurant, warum ihre Motivation gekippt war. Sie erkannte, dass der Grund ein neuer Vorgesetzter war, der eine andere Auffassung ihrer Aufgabe hatte und sie nicht im gleichen Ausmass wie bisher selbständig arbeiten liess.

Verfeinern Sie Ihr Anforderungsprofil

Ähnlich gestaltete sich die Situation im Fachhandel: Eine neue Führung hatte die Zuständigkeiten anders geregelt und sie verlor einen Teil ihres Verantwortungsbereiches. Sowohl Gastgewerbe als auch Handel hatten ihr grundsätzlich zugesagt, da Kundenbetreuung ihr Freude bereitete. Aber sie hatte ihre Probleme mit einem Aspekt der beruflichen Situation nicht nur auf den Beruf, sondern auf die ganze Branche übertragen.

Wir haben ihre negativen Erfahrungen neu ausgewertet und in persönliche Anforderungen an eine berufliche Situation umformuliert. So war es ihr unter anderem wichtig, einen eigenen Zuständigkeitsbereich zu haben, in welchem sie Verantwortung tragen, und verschiedene Aufgaben wahrnehmen konnte.

Für die meisten Menschen ist kein Beruf uneingeschränkt der Richtige. Stattdessen sind verschiedene Karrieren denkbar, aber unter Bedingungen. Schmerzhafte Erfahrungen helfen uns, unsere Karriere immer stärker auf unsere Bedürfnisse und Vorstellungen auszurichten, vorausgesetzt, dass wir sie richtig auswerten.

Meine Kundin ist wieder ins Gastgewerbe zurückgekehrt. Dieses Mal aber hatte sie klare Vorstellungen, wie sie arbeiten will und hat diese im Bewerbungsprozess auch verhandelt.

#karriere #standortbestimmung #bewerbung