Jetzt aber mal «frei Schnauze» – bitte!

Bewerberinnen und Bewerber kommunizieren im Job-Interviewtraining oft dann am besten, wenn sie sich nicht «auf Sendung» wähnen. Würden sie mit Freunden so sprechen, wie sie es im Bewerbungsgespräch normalerweise tun, zeigten diese einen besorgten Gesichtsausdruck. Höchste Zeit, in der Bewerbung wieder zu kommunizieren wie Menschen und nicht wie Bewerbungsautomaten.

Peter Näf

«Ich habe meinen Bereich restrukturiert und sehr agil gestaltet, dabei habe ich viele Transformationsprojekte durchgeführt und Prozesse digitalisiert. Wichtig war mir dabei, ein Umfeld zu gestalten das divers ist und…oh Herr Näf – es ist so schwierig zu erklären, was ich genau gemacht habe…!!!». Dies war die verzweifelte Antwort einer Kundin, auf meine Frage im Job-Interviewtraining, was sie in den letzten Jahren beruflich gemacht habe.

Sie führte in einem internationalen Konzern mit vielen Tochtergesellschaften einen Geschäftsbereich. Ich fragte sie – ausserhalb des Job-Interviews – was denn so schwierig daran sei, mir über ihre Tätigkeit zu erzählen.

Kommunizieren Sie wie mit einer Freundin

Ihre Antwort lautete: «Stellen Sie sich vor: Ich habe vor fünf Jahren diese neu geschaffene Funktion übernommen. Die Mitarbeitenden in meinem Bereich bei den Tochtergesellschaften agierten bisher selbständig und haben nicht darauf gewartet, dass jemand aus dem Head Office in ihre Arbeitsweise Einblick nimmt. Als erstes habe ich mir zur Aufgabe gestellt, das Vertrauen meiner Mitarbeitenden zu gewinnen und dann gemeinsame Vorgehensweisen zu etablieren. Dies war schwierig, da sie weiterhin von den lokalen CEO’s geführt wurden …». Ohne es zu bemerken, hat sie mir beim Erklären, was das Erzählen so schwierig mache, ganz nebenbei ihre Geschichte erzählt. Damit hat sie meine ursprüngliche Frage beantwortet.

Dieses Phänomen beobachte ich oft: Wenn meine Kundinnen und Kunden mir als Peter Näf ihre Geschichten erzählen, verstehe ich jedes Wort; erzählen Sie mir diese in der Rolle eines Interviewers, verstehe ich nur Bahnhof.

Traktieren des Gesprächs mit Schlagworten

Genau das Gleiche passiert in der schriftlichen Bewerbungskommunikation: Bewerbende verfallen in ein «Buzzwording», eine Sprache, derer sie sich im zwischenmenschlichen Austausch nie bedienen würden. Die Tendenz hat noch zugenommen, seit viele Bewerbende davon ausgehen, die Auswahl neuer Mitarbeitender werde durch KI vorgenommen.

Mit folgendem Trick verbessern Sie Ihre Kommunikation in der Bewerbung: Erzählen Sie, was Sie bisher in Ihrem Berufsleben gemacht haben, was Sie bewegt, interessiert und motiviert. Und erzählen Sie NICHT, was Sie glauben, dass es Ihr Gegenüber gerne hören möchte oder denken, dass es momentan angesagt sei.

Ob Sie es glauben oder nicht: Interviewerinnen wollen mit realen, das heisst unvollkommenen Menschen sprechen und nicht mit perfekten Bewerbungs-Avataren.

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