Was wollen Sie: Gehalt, Wirkung oder Selbstausdruck?

Das Gehalt ist ein häufiger Grund für Unzufriedenheit mit der beruflichen Situation. Auslöser ist oft der Vergleich mit dem Salär von anderen. Auch ich bin nicht gefeit vor gelegentlichem Vergleichen. Bill Burnet, ein Autor zum Thema Design Thinking, unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen Gehalt, Wirkung und Ausdruck. Diese Differenzierung hat das Potential, Sie zufriedener zu machen.

Peter Näf

Bei mir zumindest hat es funktioniert – aber dazu später mehr.

Lassen Sie mich die Aspekte anhand von Menschen illustrieren, die jeweils einen der drei maximiert haben: Ein erfolgreicher Aktienhändler erzielt ein hohes Gehalt. Auch wenn die Arbeit wichtig ist und er sie mit Freude tut, ist sein Anspruch vermutlich nicht, die Welt zu verbessern. Der Aspekt der Wirkung und auch viele persönliche Potentiale dürften in der hochspezialisierten Aufgabe zu kurz kommen.

Die persönlichen Bedürfnisse entscheiden

Den Aspekt Wirkung maximiert, wer für ein NGO arbeitet, welches sich Themen verschreibt, die der Person wichtig sind. Sie wird beim Gehalt Einbussen in Kauf nehmen und auch der Selbstausdruck steht nicht im Vordergrund. Und schliesslich maximiert die vollberufliche Poetin ihren Selbstausdruck. Da Poesie ein Nischendasein führt, dürfte sie damit wenig Wirkung erzielen. Vor allem aber wird sie kaum ein existenzsicherndes Gehalt verdienen. Die Gewichtung der drei Aspekte basiert auf persönlichen Bedürfnissen und Vorlieben, die sich im Karriereverlauf verändern können, wie mein eigenes Beispiel zeigt:

In meinen ersten Berufsjahren war ich in der Vermögensverwaltung tätig. Das Gehalt war in Anbetracht meiner geringen Erfahrung hoch. Nach dem Studium kam mir das entgegen, konnte ich mir doch Dinge leisten, auf die ich bis dahin verzichten musste. Wirkung konnte ich in dieser Funktion wenig erzielen und von Selbstausdruck konnte keine Rede sein.

Wenn Sie vergleichen, dann bitte vollständig

Mit der Zeit wurde ich unzufrieden mit meiner Situation. Nach einer Standortbestimmung bin ich daher in die Personalberatung eingestiegen. Dies bedeutete für die ersten Jahre eine Salär Einbusse. Ich wurde dafür entschädigt, dass ich Wirkung erzielen konnte: Stellensuchende in Positionen zu vermitteln, in denen sie sich weiterentwickeln konnten, was sehr befriedigend. Da sich mit dem Erfolg auch das Salär erhöhte, stimmte die Balance zwischen den drei Aspekten für lange Zeit.

Nach einigen Jahren wuchs mein Bedürfnis, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen und mehr von mir in die Beratung einzubringen. Ich habe ich mich daher als Karrierecoach selbständig gemacht. Dies befeuerte den Aspekt des Selbstausdrucks, denn ich gestaltete mein Geschäft gemäss eigenen Vorstellungen. Auch erzielte ich in der Beratung weiterhin Wirkung. Für die Optimierung dieser beiden Aspekte, nahm ich anfänglich eine empfindliche Gehaltseinbusse in Kauf. Seither jongliere ich die drei Bälle – Gehalt, Wirkung und Ausdruck – entsprechend meinen Bedürfnissen mal mehr und mal weniger erfolgreich.

Und wenn ich mich wieder einmal beim Vergleichen mit anderen erwische, stelle ich mir immer die folgende Frage: «Möchte ich mit der beneideten Person in jedem Lebensaspekt tauschen?» Damit ist das Thema jeweils vom Tisch.

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