Wenn Menschen ihren Job verlieren, stellt sich die Frage, wie sie mit der Zeit umgehen, die ihnen neben Stellensuche und Bewerbung auf einmal zur Verfügung steht. Dies ist vor allem bei sofortiger Freistellung eine Herausforderung, da sich die Betroffenen nicht auf die neue Situation vorbereiten konnten. Neben vielen sinnvollen Aktivitäten wird dabei oft das Offensichtliche übersehen.
Das Wichtigste beim Verlust einer Stelle ist es, eine neue Tagesstruktur zu schaffen. Viele Betroffene kümmern sich dann neben Stellensuche und Bewerbung um Dinge, die sie lange Zeit vernachlässigt haben: Sie führen Reparaturen in ihrer Wohnung durch, ordnen ihre Finanzen, räumen das private Büro auf, lassen ihre abgewetzten Schuhe flicken und bringen ihren Körper im Fitnesscenter wieder in Form – alles empfehlenswerte Aktivitäten.
Insbesondere Ordnung zu schaffen hilft, mit Vergangenem abzuschliessen. Das äussere Aufräumen klärt auch die Gedanken und Gefühle. Zu diesem Thema empfehle ich Ihnen die das unterhaltsame Buch über das «Ausmisten» von Karen Kingston (siehe Buchtipp unten).
Zum Glück habe ich einen Beruf
Was viele zwischen Stellensuche und neuer Anstellung vernachlässigen, darauf hat mich vor vielen Jahre ein stellenloser Portfolio Manager aufmerksam gemacht. Ich unterstützte ihn als Personalberater bei der Stellensuche.
Im Gespräch hatte ich den Eindruck, dass er über die Finanzmärkte ausserordentlich gut auf dem Laufenden war. Darauf angesprochen erzähl-te er mir, dass er jeden Morgen zur gewohnten Zeit aufstehe und sich nach dem Frühstück bis zum Mittag an den Computer setze, Research-Berichte lese und sich mit den Finanzmärkten beschäftige. Am Nachmittag widme er sich dann der Stellensuche. Ich war begeistert von seiner Disziplin. Er zeigte sich verwundert über meine Reaktion und erwiderte, er hätte schliesslich nur seinen Job verloren und nicht seinen Beruf. Er übe diesen mit Begeisterung aus – unabhängig davon, ob er auf der Lohnliste einer Bank stehe oder nicht.
Wie sehr lieben Sie ihren Beruf?
Eine ähnliche Erfahrung machte ich mit einer Kundin im Outplacement. Als hoch qualifizierte Spezialistin tat sie sich anfänglich schwer mit ihrer Situation, da sich die Stellensuche als schwieriger als erwartet erwies. Sie erkannte, dass es auf ihrer Stufe nicht viele offene Stellen gab und dass sich die Suche möglicherweise länger hinziehen könnte. Und wie reagierte sie darauf? Sie arbeitete einfach weiter. Neben ihrer täglichen Stellensuche veröffentlichte sie Fachartikel zu ihrem Spezialgebiet auf LinkedIn und in Fachzeitschriften, besuchte Konferenzen, trat als Speakerin auf und pflegte dabei gleichzeitig ihr Kontaktnetz für die Stellensuche.
Nicht jeder Beruf eignet sich gleichermassen wie die meiner beiden Coachees, um direkt weiterzuarbeiten. Aber jede und jeder kann die stellenlose Zeit für die weitere berufliche Qualifizierung nutzen – sei es durch das Auffrischen von IT- oder Sprachkenntnissen oder das Einlesen in aktuelle Fachliteratur.
Verwandeln Sie damit Ihre Arbeitslosigkeit in eine Stellenlosigkeit – das ist ein deutlich besser zu ertragender Zustand.
#outplacement #bewerbung #standortbestimmung
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