In welche Richtung will ich meine Karriere entwickeln? Soll ich das vorliegende Job-Angebot annehmen? Welche Weiterbildung passt zu meinen Karrierezielen? Eine Karriere ist voller Entscheidungen. Viele tun sich schwer damit – und noch mehr scheuen sich, ihr Gefühl einzubeziehen. Schade, denn gerade bei Karriereentscheidungen ist der Bauch oft unschlagbar!
Weil Karriereentscheidungen weitreichende Konsequenzen haben und uns langfristig binden, erzeugen sie grossen Druck. Wir wollen Fehler um jeden Preis vermeiden – und landen aus Angst nicht selten auf dem falschen Weg. Ein Grund ist die falsche Annahme, es gebe nur eine richtige Entscheidung. Dabei gibt es bei Karriereentscheidungen oft verschiedene Möglichkeiten, wie ich es im Artikel «Traumberuf One-Trick-Pony» beschrieben habe.
Ein zweiter Stolperstein: Wir verlassen uns fast ausschliesslich auf das Organ, welches als exklusiver Sitz der Vernunft gilt – unser Gehirn. Natürlich sollen Entscheidungen vernünftig sein. Aber an einer guten Entscheidung sind immer mehrere innere Instanzen beteiligt.
Überbewertung des Verstandes
Karrierefragen sind komplex. Wir tragen verschiedene, teils widersprüchliche Neigungen in uns. Entscheidungen gleichen daher eher dem Hüten einer Herde abenteuerlustiger Ziegen als einem strukturierten Prozess. Viele versuchen, diese Komplexität mit Pro- und Kontra-Listen zu bändigen: Argumente für und wider verschiedene Optionen werden gesammelt, gewichtet und die Entscheidung ergibt sich mathematisch als Summe.
Doch diese Methode täuscht Genauigkeit vor und wirkt «vernünftiger» als sie ist. Denn ist sie voll von Einschätzungen: Habe ich die wirklich relevantesten Aspekte mit einbezogen und stimmt die Gewichtung, die ich ihnen beimesse?
Unser Bauch ist intelligent!
Reine Verstandeslösungen funktionieren nur bei klar regelbasieren Problemen – etwa in der Mathematik. Bei komplexen Fragen mit vielen Informationen und widersprüchlichen Bedingungen trifft unser Unterbewusstsein, also der Bauch, meist die besseren Entscheidungen. Das beschreibt auch Cal Newport in seinem Buch «Konzentriert arbeiten».
Eine Bauchentscheidung ist jedoch kein emotionaler Schnellschuss. Sie ist das Ergebnis eines längeren Prozesses, den sie mit Ihrem Verstand unterstützen: Sammeln Sie Informationen und bringen Sie diese unbedingt auf Papier. Analysieren und recherchieren Sie, denken Sie nach, entwerfen und verwerfen Sie Ideen, stellen Sie Fragen – und vor allem: Geben Sie dem Ganzen Zeit. Im Gegensatz zum Kopf lässt sich unser Bauch weder bestechen noch hetzen. Wichtige Entscheidungen lassen sich nicht erzwingen, sie müssen reifen. Und wenn Sie genügend mit dem Kopf gearbeitet haben, weiss Ihr Bauch auf einmal die Antwort.
Unsere inneren Instrumente sind nur so gut, wie wir sie nutzen. Vernachlässigen Sie daher nie Ihren Bauch. Er wird nicht zufällig in anderem Zusammenhang als unter
zweites Gehirn bezeichnet.