Die nachhaltigste Lektion beim Autofahren Lernen hat mir mein Vater erteilt: Wir fuhren auf der Autobahn und da ich ein vorsichtiger Lenker war, forderte er mich auf, den vor uns fahrenden Lastwagen mit Anhänger zu überholen. Da dieser schnell fuhr, musste ich stark beschleunigen, um an ihm vorbeizukommen, was mich sehr stresste. Beim Überholen stellte ich auf halber Höhe entsetzt fest, dass ich langsam auf den Lastwagen zusteuerte und Gefahr lief, in dessen Seite zu fahren.
Glücklicherweise konnte mein Vater das Steuerrad noch rechtzeitig zurückdrehen und er sagte mir, ich solle meinen Blick dahin wenden, wo ich den Wagen hinsteuern wolle. Diese Lektion hat sich aufgrund des Schocks tief in meiner Erinnerung eingebrannt und hilft mir seither nicht nur beim Autofahren. Vor einiger Zeit habe ich die Episode im Coaching einer Kundin erzählt, die auch Gefahr lief zu kollidieren – mit einem Arbeitskollegen.
Meine Kundin arbeitete als Führungskraft in einem Industriebetrieb, der mit grossen Veränderungen konfrontiert war. Daher waren die Zuständigkeiten nicht immer eindeutig geregelt und sie musste sich mit ihren Arbeitskollegen auf gleicher Stufe laufend abstimmen. Dabei äusserte sie den Verdacht oder vielmehr die Überzeugung, einer ihrer Peers wolle seinen Einflussbereich auf ihre Kosten erweitern.
Nehmen Sie Widersacher aus dem Fadenkreuz
Ihr vermeintlicher Widersacher war mehrmals Thema in unserem Coaching und ich stellte fest, dass sie sich so auf ihn eingeschossen hatte, dass er sie dauernd ablenkte. Er brachte sie regelmässig in Emotionen und hatte dadurch Macht über sie.
In unserem Gespräch realisierte sie, dass sie ihre Ziele aus den Augen verloren hatte; sie konnte sie nicht mehr sehen, da Ihr Arbeitskollege davorstand. Ich offerierte ihr eine Intervention, wie ich sie in ähnlichen Situationen bei mir anwende: Erstens gestehe ich mir ein, dass die Absichten meines vermeintlichen Widersachers möglicher-weise andere sind als die, welche ich ihm unterstelle. Und zweitens verschiebe ich die Person vor meinem geistigen Auge aus dem Fokus nach rechts aussen, sodass ich sie im Augenwinkel noch wahrnehme. Damit habe ich meinen Blick frei auf das, was ich erreichen will, habe aber meinen (vermeintlichen) Widersacher im Blickfeld für den Fall, dass er gegen meine Interessen arbeitet.
Emotionsmanagement bedeutet Freiheit
Meine Kundin hat diese Vorgehensweise erfolgreich angewandt. Da sie sich auf ihre Ziele fokussierte, konnte Sie ruhig und überlegt reagieren, wenn ihr Arbeitskollege etwas unternahm, was diesen widersprach. Es wurde für sie irrelevant, was die Motive hinter seinem Handeln waren. Schliesslich ist es sein gutes Recht, seine eigenen Ziele zu verfolgen. Mit ihrer neuen Haltung hatte meine Kundin ihre Emotionen unter Kontrolle und konnte überlegt handeln. Vorher hat ihr Arbeitskollege sie – bewusst oder unbewusst – über ihre Emotionen gesteuert. Und zu guter Letzt war sie sich auch nicht mehr so sicher, dass er ihr wirklich schaden wollte, was ihre Arbeitsbeziehung verbesserte.
Behalten Sie also immer ihre Ziele im Fokus und mögliche Hindernisse noch wahrnehmbar im äusseren Blickfeld.