Vorbereitung, Vorbereitung und Vorbereitung. Natürlich können Sie nicht wissen, welche Fragen Interviewer im Bewerbungsgespräch stellen werden. Aber über 80% der Fragen sind erwartbar und Sie können sich darauf einstellen. Damit haben Sie genügend freie Kapazität für unerwartete Fragen. Denn die Herausforderung im Stress eines Job-Interviews besteht darin, unseren beschränkten Arbeitsspeicher im Gehirn sinnvoll zu nutzen.
Nachdem ich vor einigen Jahren über meine eigenen Aussagen in einem Radio-Interview erschrocken bin, gebe ich keine Interviews mehr. Was war passiert? Ich wurde für ein Gespräch zu einem Karrierethema bei einem privaten Radiosender eingeladen, und zwar sehr kurzfristig – das Interview fand wie üblich am Tag der Anfrage statt. Der Moderator hat mir das Thema nur sehr grob geschildert. Und er hat mir natürlich auch keine konkreten Fragen zur Vorbereitung abgegeben.
Die Entwicklung von Gedanken ist chaotisch
Als der Moderator mich im Studio interviewte, war ich etwas überrumpelt, da ich mit seinen Fragen nicht gerechnet hatte. Ich hätte in dieser Situation leicht abrufbare Plattitüden von mir geben können, die alle Zuhörenden schon gefühlt 100-mal gehört haben. Aber ich wollte etwas Substanzielles zum Thema beitragen und konnte daher nicht einfach drauflosreden. Trotz der anfänglichen Überraschung war ich nach der Aufnahme aufgeräumt und zufrieden; ich hatte das Gefühl, es sei gut gelaufen.
Als ich später die Aufnahme zugesandt erhalten habe, war ich entsetzt: Ich wiederholte mich dauernd. Wie war das möglich? Da ich meine Gedanken zum Thema während des Interviews entwickeln musste, sprach ich eher zu mir selbst und vergewisserte mich meiner Ideen durch Wiederholung. Ich habe mich dem Thema aus unterschiedlichen Perspektiven angenähert. Die Zuhörerinnen und Zuhörer wurden damit Zeuge meiner Vorbereitung der Antworten. Das konnte nicht der Sinn des Interviews sein und hinterliess einen unsicheren Eindruck.
Trennen Sie Vorbereitung und Durchführung
Das gleiche Phänomen beobachte ich oft in Job-Interviewtrainings bei meinen Kundinnen und Kunden. Wenn sie bitte, mir eine Geschichte aus ihrem Berufsalltag zu erzählen, kann ich beobachten, was in ihrem Gehirn passiert:
Erinnern ist ein Abrufen von Informationen. Da diese dezentral gespeichert sind, senden die verschiedenen Hirnareale die Informationen in den Arbeitsspeicher. Wenn der unvorbereitete Kunde nun seine Geschichte erzählt, wirkt das anfänglich chaotisch, da er immer die Erinnerungsfetzen zum Besten gibt, die im Arbeitsspeicher ankommen. Nach einer gewissen Zeit scheint dann genügend Information vorhanden zu sein, um die Geschichte strukturiert zu erzählen – meist haben sie die Aufmerksamkeit der Zuhörenden aber bereits verloren. Wir können also nicht gleichzeitig erinnern und strukturiert erzählen.
Viele führen gegen Vorbereitung ins Feld, eine spontane Kommunikation sei damit nicht mehr möglich. Das Gegenteil trifft zu: Um spontan gut kommunizieren zu können, ist Vorbereitung unerlässlich. Darum bereitet niemand Kommunikation mehr vor als Kommunikationsspezialistinnen und -spezialisten, die dann ganz spontan wirken.