Die gefährlichsten Fragen im Job-Interview

Was halten Sie für die gefährlichste Frage im Job-Interview? Ist es die Frage nach dem Grund des Stellenwechsels, den Gehaltsvorstellungen, den persönlichen Schwächen oder gar dem grössten Misserfolg in Ihrer Karriere? Oder ist es eine unsinnige Frage wie: «Was wären Sie, wenn Sie ein Tier wären?» Nein – all die sinnvollen Fragen können Sie erwarten und sich darauf vorbereiten. Und die unsinnigen Fragen lächeln Sie am besten weg.

Peter Näf

Die gefährlichsten Fragen sind die, welche nicht gestellt werden.

Ich hatte als Headhunter zwei schwierige Lektionen zu lernen: Die erste war, im Job-Interview nach meiner Frage Stille auszuhalten und sie nicht mit Folgefragen zu übertönen, falls die Kandidatinnen und Kandidaten sich mit der Antwort Zeit liessen. Lektion zwei war, bei Bewerbenden so lange nachzufragen, bis ich verstanden habe, was sie beruflich machten. Als junger Headhunter fürchtete ich anfänglich, erfahrene Kandidatinnen und Kandidaten könnten mich für inkompetent halten, wenn ich sie nicht beim ersten Mal verstand.

Auch Komplexes lässt sich einfach erzählen

Mit der Zeit hatte ich gelernt, so lange nachzuhaken, bis ich ein klares Bild hatte. Denn: Ich habe eine gute Auffassungsgabe und wer weiss, was er tut, sollte es auch einfach erklären können. Vor einiger Zeit holte mich diese Unsicherheit allerdings wieder einmal ein: Ein hoch qualifizierter Spezialist erklärte mir im Outplacement anhand eines Projektes, was er beruflich macht. Er hat seine Ausführungen sogar anhand von PowerPoint Folien illustriert. Seine Präsentation war eine schwer zu durchschauende Mischung aus Verkauf, Erzählung und persönlichen Statements. Trotz mehrmaligem Nachhaken gelange ich zu keiner klaren Vorstellung. Erschwerend kam hinzu, dass wir uns auf Englisch unterhielten, was für beide nicht Muttersprache war. Meine Ungeduld wuchs und gleichzeitig auch meine Unsicherheit – ich fühlte mich schwer von Begriff und es war mir peinlich, nochmals nachzufragen.

Keine Fragen bedeutet nicht Verständnis

Als ich ihm mein Unbehagen offenbarte, erzählte er mir, dass seine Ausführungen in Bewerbungsgesprächen immer gut ankämen. Anscheinend stellte nie jemand Verständnisfragen. Aber er wurde auch selten in eine zweite Runde eingeladen. Ich äusserte daher den Verdacht, dass seine Interviewpartner sich nicht getrauten nachzufragen, wenn sie etwas nicht verständen. Er war in seinem Fachgebiet schliesslich top und viele seiner Interviewpartner dürften nicht auf dem gleichen Stand gewesen sein. Zudem war er eine reife Persönlichkeit mit einer natürlichen Autorität. Da erfordert hartnäckiges Nachfragen ein gutes Selbstbewusstsein seitens der Recruiter. Wir haben schliesslich Verkaufsargumente, Bewertungen und persönlichen Statements aus seinen Schilderungen entfernt. Das Resultat waren Geschichten über seine beeindruckenden Erfahrungen, die auch für Fachfremde nachvollziehbar waren.

Erzählen Sie Ihre Erfahrungen Freunden oder Bekannten und bitten Sie diese um ein ehrliches Feedback, ob sie ihre Schilderungen verstanden haben. Oder buchen Sie ein Job-Interviewtraining bei mir;-) Denn gutes Storytelling will geübt sein.

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