Unmissverständliche Kommunikation ist besonders in Bewerbungsgesprächen eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Viele Bewerbende denken, sich zu wichtigen Aspekten einer Stelle mit künftigen Arbeitgebern einig zu sein, um dann nach Stellenantritt festzustellen, dass dem nicht so war.
Ich beriet eine Kundin in der beruflichen Neuorientierung und Stellensuche. Sie war während vieler Jahre in einer frontorientierten Position tätig. In der Zeit unserer Zusammenarbeit war sie in Verhandlung über eine Position in der Geschäftsleitung im Unternehmen eines Bekannten. Die Stelle interessierte sie sehr, allerdings unter einer Bedingung: Sie wollte nicht mehr akquirieren. Da in ihrer Branche Kundenakquisition einen hohen Stellenwert hat und in vergleichbaren Firmen Geschäftsleitungsmitglieder normalerweise in diese involviert sind, war ich alarmiert. Ich fragte sie immer wieder, ob sie in den Gesprächen ganz klar gemacht hätte, dass sie nicht mehr akquirieren wolle. Sie war überzeugt davon, sich darüber mit ihrem künftigen Arbeitgeber geeinigt zu haben.
Wir glauben oft, uns verstanden zu haben
Im Unternehmen gab es keine Personalabteilung, was mich zusätzlich misstrauisch machte. Meine Kundin und ihr künftiger Vorgesetzter hatten die Stelle in Gesprächen zusammen entworfen und es fehlte ein schriftlicher Stellenbeschrieb. Ich riet ihr daher, einen solchen zu verfassen. Auf die Gefahr hin, ihr auf den Wecker zu gehen, beharrte ich darauf, dass punkto Akquisition keine Einigkeit bestünde. Ich konnte sie leider nicht davon überzeugen. Schliesslich hat sie den Arbeitsvertrag unterzeichnet.
Warum beharrte ich darauf, dass meine Kundin und ihr Gesprächspartner sich nicht wirklich geeinigt hätten?
Schriftlichkeit bringt Klarheit
Ich erinnerte mich an Erfahrungen beim Protokollieren von Sitzungen in einer früheren Funktion. Alle schienen sich jeweils einig zu sein und wenn ich die Vereinbarungen auf Papier festhalten wollte, tauchten Fragen auf und wir waren wieder mitten in der Diskussion. Und vermutlich kommt Ihnen folgende Situation bekannt vor: Sie glauben etwas verstanden zu haben und wenn Sie es erklären oder aufzuschreiben wollen, merken sie, dass Sie die Sache doch noch nicht genau erfasst haben.
Achten Sie daher in ähnlichen Situationen, die in der Stellenbewerbung nicht selten vorkommen, auf Schriftlichkeit. Schreiben Sie nach jeder Besprechung ein Protokoll mit den diskutierten Punkten, getroffenen Vereinbarungen und offenen Fragen. Ihre Besprechungen werden dadurch fokussierter und zielgerichteter.
Zudem kommen neue Fragen auf, denn: Nicht in unserem Kopf entwickeln sich Themen weiter, sondern auf Papier, das als Erweiterung unseres kleinen Arbeitsspeichers im Gehirn dient.
Ich habe dann längere Zeit nichts von meiner Kundin gehört. Einige Wochen nach ihrem Stellenantritt rief sie mich an und erzählte mir enttäuscht, dass von ihr erwartet werde, Kunden zu akquirieren.
Schliesslich wurde sie nach einem erneuten Stellenwechsel in ihrer darauffolgenden Funktion glücklich. Sie stellte dies sicher, indem sie ihre Bedürfnisse in den Bewerbungsgesprächen klar und unmissverständlich kommunizierte.
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