Während Jahren mit seinen Kundinnen und Kunden über Spezialisierung zu sprechen und die Notwendigkeit bei sich selber zu übersehen – das ist möglich – ich habe es erlebt! Eine etwas peinliche Geschichte in eigener Sache.
Als ich mich im Jahr 2008 als Karrierecoach selbständig gemacht habe, war mein Angebot sehr breit. In der Meinung, ich könnte mich mit jedem beliebigen Thema im Coaching beschäftigen, habe ich praktisch keine Einschränkungen gemacht. Mit ein Grund dafür war die Angst, nicht genügend Aufträge zu erhalten, wenn ich mich spezialisierte. Ich wollte in jeder Marktsituation immer etwas Gesuchtes anbieten können.
In den darauffolgenden Jahren habe ich mein Tätigkeitsgebiet sogar noch verbreitert und Seminare angeboten. Für jedes Seminar musste ich mich in neue Themengebiete wie Konfliktmanagement, Führung oder Zeitmanagement & Arbeitstechnik vertieft einarbeiten. Ich hatte mir sogar überlegt, zusätzlich Team-Coachings anzubieten.
Gleichzeitig habe ich meine Kundinnen und Kunden in der Standortbestimmung dafür sensibilisiert, wie wichtig eine sinnvolle Spezialisierung für eine erfolgreiche Karriereentwicklung sei. Zur Illustration stellte ich immer die rhetorische Frage, wen sie aufsuchen würden für eine komplizierte Knieoperation – den Chirurgen, der an sämtlichen Knochen arbeitet oder die Kniespezialistin.
Spezialisierung erzeugt Kompetenz
Der Aufwand, mein Wissen auf all den verschiedenen Gebieten auf einem aktuellen Stand zu halten, war enorm. Zudem fühlte ich mich unsicher, da ich in einigen Gebiete nicht genügend auf eigenen Erfahrungen aufbauen konnte.
Der Aufwand für die Seminare wurde mir schliesslich zu groß und ich habe dieses Angebot nach einigen Jahren aufgegeben. Dabei realisierte ich, was für ein Segen in der Spezialisierung liegt: Ich konnte mich auf die Gebiete konzentrieren, die mir wirklich Freude bereiteten. Da ich mehr gleichartige Aufträge hatte, entwickelte ich mich durch Erfahrung rasch weiter und konnte mich zudem gezielt weiterbilden.
Seither habe ich noch weitere Angebote gestrichen: Konflikt-Moderationen, Coaching zu Arbeitstechnik und Burnout. Für all diese Themen gibt es spezialisierte Anbieterinnen auf dem Markt, die es besser machen als ich.
Balance zwischen Vielfalt und Spezialisierung
Ich konzentriere mich heute auf die Gebiete, in denen ich mich auch aufgrund meiner früheren Berufserfahrung auskenne und in denen ich seit Jahren erfolgreich und mit Freude arbeite: Standortbestimmung, Outplacement, Bewerbungscoaching und Job-Interviewtraining. Zudem biete ich Coachings zu Themen an, die mit den vorher genannten Dienstleitungen viel Übereinstimmung haben: Kommunikation, Stärkung des Selbstbewusstseins, Positionierung und Selbstmarketing sowie Emotionsmanagement.
Trotz Spezialisierung beschäftige ich mich immer noch mit einer gewisse Breite von Themen, die sich aber gegenseitig ergänzen. Der Lohn für dieses Vorgehen ist größere Freude an der Arbeit, mehr Aufträge, rasche Weiterentwicklung und mehr freie Zeit!
Und was habe ich noch gelernt durch diese Erfahrung? Demut und die Erkenntnis, dass Angst eine schlechte Ratgeberin ist.