«Die berufliche Karriere muss mit 30 aufgegleist und mit 40 müssen Sie angekommen sein. Wer mit 50 nicht am absoluten Karrierezenit steht, kann seine Berufskarriere vergessen. An einen Berufswechsel ist in diesem hohen Alter so-wieso nicht mehr zu denken und überhaupt müssen Sie froh sein, wenn Sie dann überhaupt noch eine einigermassen vernünftige Stelle finden.» Kennen Sie diese oder ähnliche Karrierevorstellungen? Höchste Zeit, diesen Unsinn dahin zu verfrachten, wo er hingehört – ins Land der Mythen und Märchen!
All meinen Kundinnen oder Kunden die schon in Ihren frühen Vierzigern resigniert anmerken, ihre Karriere sei gelaufen und grössere berufliche Veränderungen seien in ihrem fortgeschrittenen Alter nicht mehr möglich, erzähle ich immer die folgende Geschichte. Eine Freundin von mir, nennen wir sie aus Diskretionsgründen Monika, hat alle diese verbreiteten Dogmen Lügen gestraft.
Weiterlesen auf eigene Gefahr; einige Ihrer alten Glaubenssätze betreffend Karriere könnten ins Wanken geraten!
Ohne Investitionsbereitschaft geht es nicht
Monika ist heute über 80 Jahre alt, wurde also in den 1940-er Jahren geboren. Sie wuchs auf dem Land in einer kinderreichen Familie und in bescheidenen Verhältnissen auf. Sie besuchte nur die minimale, damals obligatorische Schule; eine Lehre konnte nur ein Teil ihrer Brüder absolvieren. Von ihr wurde erwartet, dass sie nach Abschluss der Schule zum Familieneinkommen beiträgt; eine spätere Heirat wurde vorausgesetzt.
Monika hatte in jungen Jahren geheiratet und ihre vier Kinder als alleinerziehende Mutter grossgezogen, nachdem ihr Mann früh verstorben war. Sobald ihre Kinder erwachsen waren, suchte sie den beruflichen Wiedereinstieg und arbeitete als Hilfskraft in der Pflege.
Nehmen Sie das Heft in die eigenen Hände
Sie war nach kurzer Zeit unterfordert. Als ungelernte Hilfskraft waren die beruflichen Aussichten düster, von den Verdienstmöglichkeiten ganz zu schweigen. Daher hat sie sich dazu entschieden, sich mittels Berufslehre zur Krankenpflegerin ausbilden zu lassen. Die Reaktionen auf diesen überraschenden Schritt waren unterschiedlich und in vielen Fällen nicht ermutigend. Bei ihren Geschwistern zumindest stiess sie auf wenig Verständnis.
Zum Glück haben ihre Kinder und einige Freundinnen und Freunde sie in ihrem Anliegen unterstützt. Auch Lehrbetrieb und Schulen zeigten sich offen für ihr ausserordentliches, bisher nicht gesehenes Vorgehen. So ist sie im Alter von 50 Jahren in ihr erstes Lehrjahr eingestiegen und konnte vier Jahre später stolz ihr Diplom entgegennehmen. Auf dem Foto der Diplomfeier steht Sie neben den anderen Absolventinnen und Ab-solventen, deren Mutter sie hätte sein können. Sogar die meisten Lehrpersonen waren jünger als sie.
Danach hatte Monika noch zehn erfüllende Berufsjahre in der Krankenpflege vor sich und konnte gleichzeitig ihre Altersvorsorge aufstocken – eine rundum erfolgreiche Karriere.
Es lohnt sich also, all die wirren Vorstellungen und medial befeuerten gesellschaftlichen Glaubenssätze darüber, wie eine perfekte Karriere auszusehen habe, in den Wind zu schiessen und unbeirrt den eigenen Weg zu gehen!
Zugegeben, der harte Innerschweizer Schädel von Monika war eine gute Voraussetzung dafür.