Warum müssen, wenn Sie auch wollen könnten?

Hören Sie sich selbst zu, wenn Sie sprechen? Belauschen Sie ab und zu ihre inneren Dialoge und Gedanken? Vielleicht stellten Sie dann fest, dass sich zuweilen ein unscheinbares Wort einschleicht; möglicherweise kennen Sie die folgenden oder ähnliche Sätze: «Heute muss ich noch Aufgabe X erledigen», «ich muss einen Freund anrufen», «ich muss heute Abend ins Theater gehen». Oder gar: «Ich muss noch schnell ins Yoga, um mich zu entspannen!»

Peter Näf

Das Wort «müssen» ist für viele Menschen ein dauernder Antreiber, vor allem wenn es sich mit Worten wie «kurz» oder «schnell» verbündet. Seit ich auf diese Formulierungen achte, staune ich, wie oft ich sie benutze. Kürzlich habe ich mich dabei ertappt, wie ich zu mir selbst sagte: «Ich muss noch schnell vor 18 Uhr einkaufen gehen, da morgen ein Feiertag ist». Diese Aussage verursachte mir augenblicklich leichten Stress.

Das Wort «müssen» macht uns zu Getriebenen; aber von wem? Früher waren es vermutlich äussere Antreiber wie Eltern, Lehrer oder Vorgesetzte. Mit der Zeit haben sich diese Stimmen in uns verselbständigt und treiben uns immer noch an, weil wir nicht gemerkt haben, dass wir inzwischen wollen dürften.

Freiheit beginnt mit der Sprache

Der Modus des Müssens zeigt sich auch im Storytelling: Eine Kundin kam zu mir ins Coaching, um ihr Selbstmarketing zu verbessern, da sie für eine Beförderung nicht einmal in Betracht gezogen worden war. Ich bat sie, mir ein Projekt zu schildern, welches sie erfolgreich durchgeführt hatte. Sie erzählte mir, wie sie kurz nach Stellenantritt einen Bereich neu aufgebaut habe. Dabei schilderte sie fast ausschliesslich in der «Wir»-Form: «Wir haben dann in Workshops herausgefunden, dass…» und ebenso in der Form des «Müssens»: «Ich musste dann mit verschiedenen Abteilungen verhandeln». Zwischendurch verwendete sie gar das «man» oder die passive Form: «Das Projekt wurde dann abgeschlossen». Nachdem sie die Geschichte beendet hatte, stellte ich ihr Fragen, um Ihre Leistung einordnen können, denn so spricht nicht, wer sich in der vollen Verantwortung sieht.

Es stellte sich heraus, dass das Projekt viel umfassender war, als von ihr dargestellt und sie hatte es von A-Z selbständig durchgeführt. Aus ihren «Wir»- Formulierungen schloss ich, dass nicht sie die Verantwortung trug und weil sie all ihre Aktionen tun «musste», ging ich davon aus, dass ihr jemand Aufträge erteilt hätte.

Werden Sie hellhörig!

Wir haben Ihre Geschichte umformuliert, damit sie sich in ihrer vollen Kompetenz und Verantwortung sah und ihre persönlichen Leistungen anerkannte. Erst nach dieser Selbsterkenntnis konnte sie ihren Erfolg relevanten Stakeholdern über Storytelling kommunizieren, damit auch sie meine Kundin in ihrer vollen Grösse sehen konnten. Selbstmarketing folgt dem Selbstbewusstsein auf dem Fusse.

Werden Sie hellhörig dafür, was Sie sagen oder denken. Und steuern Sie durch bewusste Umformulierungen Ihr Leben in die gewünschte Richtung. Dazu verwende ich einen Trick: Ich stelle mir vor, ich würde wie bei einem Kassettenrecorder zurückspulen und den alten Text mit neuem Text übersprechen. Wenn Sie dies oft tun, wird mit der Zeit auch unbewusst ein anderer Band Text ablaufen mit positiven Auswirkungen auf Ihr Leben, denn: Worte schaffen Wirklichkeit.

#personalbranding #coaching #storytelling