Was Sie vom Verhandlungsprofi für die Bewerbung lernen können

Matthias Schranner ist einer der weltweit führenden Verhandlungsspezialisten. Er kommt in seinem «Schranner-Konzept» zu Konklusionen, die Ähnlichkeit haben zu dem, was ich hochqualifizierten Bewerbenden bei der Stellensuche rate. Falls Sie bisher nur die Salär Frage in der Bewerbung als Verhandlung wahrgenommen haben, rate ich Ihnen, Bewerbung insgesamt neu zu denken.

Peter Näf

Auf die Frage, was bei der Vorbereitung einer Verhandlung erfolgsentscheidend sei, würden vermutlich viele antworten: «Es geht darum, die Verhandlungsposition meines Gegenübers richtig einzuschätzen, damit ich meine Strategie darauf ausrichten kann». Schranner hat dazu eine klare Meinung: Kümmern Sie sich überhaupt nicht um die Position Ihres Verhandlungspartners! In dieser Absolutheit hat mich die Aussage erstaunt, obwohl ich vielen meiner Kundinnen und Kunden bei der Bewerbung den gleichen Rat gebe; dazu später mehr. Wie kommt er zu dieser klaren Ansage?

Wir wissen nicht, was andere bewegt

Matthias Schranner verhandelt international im wirtschaftlichen und auch politischen Umfeld und erläutert seine Empfehlung als eine Folge der heutigen Zeit: Es sei unmöglich geworden, realistische Hypothesen über die Position von Verhandlungspartnern zu formulieren. Die Wertvorstellungen der Menschen unterschieden sich stark. Zudem seien immer häufiger unterschiedliche Kulturen und Mentalitäten bei Verhandlungen involviert. Daher gälte es, sich auf die eigene Position und die persönlichen Bedürfnisse zu konzentrieren sowie den Spielraum zu definieren, um auf unterschiedliche Entwicklungen in der Verhandlung reagieren zu können. Sind diese Erkenntnisse auf die Stellen-Bewerbung übertragbar?

Konzentrieren Sie sich auf sich

Ja – zumindest für hoch qualifizierte und gesuchte Bewerbende. Eine der am häufigsten von meinen Coachees gestellten Fragen zur Bewerbung lautet, was die Unternehmen von ihnen erwarteten. Genau genommen bedeutet die Frage: Wie hätten mich die Unternehmen denn gerne? Antwort: Wir können es nicht wissen.

Stellen sie sich folgende Situation vor: Eine introvertierte Frau bewirbt sich auf eine Sales-Stelle. Nun geht sie gemäss einem veralteten Verkaufs-Stereotyp davon aus, das Unternehmen würde eine extravertierte Person bevorzugen. Also gibt sie sich im Gespräch extravertiert, um in Betracht gezogen zu werden. Pech gehabt: Das Unternehmen sucht für seinen Lösungsverkauf eine ruhige Person, die gut zuhören und auch unausgesprochene Kundenbedürfnisse erahnen kann. Aber unabhängig davon, ob sie mit ihrer Hypothese richtig gelegen wäre: Wenn das Unternehmen eine andere Persönlichkeit sucht, dann muss die Bewerberin den Job nicht haben.

Konzentrieren Sie sich darauf, wer Sie sind, was Ihnen wichtig ist und gehen Sie damit in die Diskussion. Normalerweise besteht auf beiden Seiten recht viel Verhandlungsspielraum. Und wenn Sie in diesem Rahmen mit Ihrem Angebot und Ihrer Persönlichkeit keine Einigung finden, bleibt immer noch die Option in jeder Verhandlung: Verhandlungsabbruch aufgrund fehlender Übereinstimmung.

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