Wecken Sie keine schlafenden Hunde im Job-Interview!

Sie kennen vermutlich diese inhaltlich leicht geänderte Aufforderung von Paul Watzlawick: «Denken Sie jetzt nicht an einen Elefanten mit Schmetterlings-Ohren». Angesprochen ist damit unsere Unfähigkeit uns nichts vorzustellen, wenn wir einen Begriff hören. Leider ist die Missachtung dieses Prinzips in Job-Interviews genauso verbreitet wie die Kenntnis desselben.

Peter Näf

Vor einiger Zeit machte ich mit einem Kunden, der einen etwas wechselhaften Lebenslauf hatte, ein Job-Interviewtraining. Seine vielen Wechsel waren mir bei der Vorbereitung aufgefallen und ich beabsichtigte, ihn darauf anzusprechen. Da sich das Gespräch interessant entwickelte und er viel Spannendes zu erzählen hatte, habe ich nicht mehr an seine vielen Wechsel gedacht.

Genauer: Ich hätte sie vergessen, wenn er mich nicht daran erinnert hätte. Auf meine Frage, was ihm bei einem Arbeitsumfeld wichtig sei, antwortete er: «Ich will mich in einem Umfeld wohlfühlen und nicht mehr so oft den Job wechseln.» Schade für diesen Richtungswechsel in einem vielversprechenden Gespräch. Er hatte in mir den Hund geweckt, der sich anschliessend an seinen vielen Stellenwechseln festbiss.

«Versprecher» auch ohne Verneinung

Im Stress eines schwierigen Gesprächs machen wir oft unbewusst zum Thema, was uns am meisten beschäftigt. Wie kleine Kinder, die etwas Verbotenes getan haben, plappern wir das aus, was wir doch eigentlich verstecken wollten.

So sagte einer meiner Kunden im Outplacement, der sich mit seinem Alter sehr schwertat, auf meine Aufforderung, sich kurz vorzustellen: «Mein Name ist X und ich bin 50 Jahre alt». Als Top-Spezialist hätte sein Alter niemanden interessiert, wenn er es nicht selbst zum Thema gemacht hätte.

Um nicht im Stress genau die Themen anzusprechen, die Sie nicht thematisiert haben möchten, müssen Sie mit diesen vor dem Interview ins Reine kommen.

Die Macht der positiven Sprache

Die sprachliche Unsitte der Verneinung erzeugt nicht nur Bilder, die wir vermeiden möchten. Auch auf der rein sprachlichen Ebene sind die Formulierungen umständlich. Sie erfordern von den Zuhörenden Übersetzungsarbeit und ermüden dadurch. In unserem Beispiel bedeutet das: Er will oft den Job wechseln – nein, das will er nicht. Noch schlimmer sind doppelte Verneinungen in der Form von: «Ich bin nicht unflexibel». Die hier nötigen Übersetzungsschritte überlasse ich Ihnen gerne.

Formulieren Sie also möglichst positiv. Mein Kunde hätte sein Anliegen folgendermassen ausdrücken können: «Es ist mir wichtig, mich für ein Unternehmen langfristig engagieren zu können». Leider geben auch Schreibprofis diesbezüglich oft ein schlechtes Bild ab. Häufig halte ich beim Lesen eines Zeitungsartikels inne, da ein Satz im Kontext des bisher Gelesenen keinen Sinn ergibt. Beim erneuten Lesen stelle ich dann fest, dass ich das Wort «nicht» überlesen habe. Hätte ich den Widerspruch nicht (manchmal macht ein «nicht» absolut Sinn;-)) bemerkt, hätte ich genau das Gegenteil dessen verstanden, was der Schreiber ausdrücken wollte.

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