Wie Sie Ihre Persönlichkeit im Job-Interview nicht zeigen sollten

Auf meine Frage im Rahmen eines Job-Interviewtrainings «Stellen Sie sich bitte vor» erzählte mir ein Kunde vor einigen Jahren ausführlich von seiner bevorstehenden Hochzeit; von seiner Leidenschaft fürs Windsurfen und von seinen anspruchsvollen Bergtouren im Sommer. Erst danach erwähnte er kurz seinen beruflichen Werdegang. Auf Nachfrage meinte er, es sei ihm wichtig, im Job-Interview persönlich rüberzukommen.

Peter Näf

Daran ist grundsätzlich nichts auszusetzen, oder? Sich zu zeigen und den Mut zu haben, als Mensch sichtbar zu werden, empfehle ich meinen Kundinnen und Kunden regelmässig. Entscheidend ist jedoch, die eigene Persönlichkeit im passenden Rahmen einzubringen.

Der Nachteil seiner gewählten Vorgehensweise lag für mich auf der Hand: Ich fragte mich unweigerlich, wie wichtig ihm sein Beruf sei und wie viel Zeit neben seinen privaten Engagements noch blieb. Zudem waren mir die Informationen zu persönlich – vor allem zu seiner Beziehung. Schliesslich würde er auch sonst kaum ein Gespräch mit Fremden – ausser vielleicht beim
Online-Dating – mit seinem Beziehungsstatus eröffnen.

Zeigen Sie Ihre Persönlichkeit…

Dieses Bespiel zeigt: Viele Menschen definieren Ihre Unterschiedlichkeit vor allem über Hobbies und Lifestyle. Dies dürfte nicht zuletzt eine Folge der Selbstdarstellung in den sozialen Medien sein, wo sich Menschen in ihren Lebenswelten inszenieren. Doch wirkliche Einzigartigkeit bleibt dort meist unsichtbar.

Das ist mir zu oberflächlich. Wie ich im Artikel «Diversity? Ja – aber echte!» beschrieben habe, bleibt die Auseinandersetzung mit Unterschiedlichkeit oft an sicht- oder gut unterscheidbaren Merkmalen wie Geschlecht, Herkunft oder sexueller Orientierung stehen – oder eben bei Lifestyle-Attributen. Echte Individualität geht tiefer: Sie zeigt sich in der Art, wie Menschen denken und handeln.

…im passenden Kontext

Später im Gespräch fragte ich meinen Kunden nach konkreten beruflichen Erfahrungen und gemeisterten Herausforderungen. Wie so oft erhielt ich darauf sehr allgemeine Antworten – fast wie von einem Bewerbungs-Avatar: in der Wir-Form, teils sogar in der man-Form. Gerade so, als gäbe es keine Unterschiede in der Art, wie Menschen ihre Aufgaben anpacken. Genau hier hätte ich mir seine Persönlichkeit gewünscht – im beruflichen Kontext, wo sie für künftige Kolleginnen und Kollegen wirklich zählt.

Zeigen Sie sich also im Bewerbungsgespräch, wie sich Ihre Persönlichkeit bei der Arbeit ausdrückt. Denn Recruiter wollen Sie nicht heiraten – zumindest in den allermeisten Fällen – sondern prüfen, ob Sie zur Stelle passen.

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