Alle Wege führen nach Rom – auch wenn’s ein bisschen länger dauert

Mein Karrierestart war holprig und meine ersten Berufsjahre ziellos. Auf kurvigem Weg bin ich in meiner heutigen Position angelangt, mit der ich sehr zufrieden bin. Und doch frage ich mich: Hätte ich Umwege vermeiden und mein Ziel direkter ansteuern können? Zumindest ein kostspieliges Intermezzo hätte ich mir mit einer Standortbestimmung erspart!

Peter Näf

Nach der Matura war ich schulmüde und hatte keine Ahnung, was ich beruflich machen wollte. Ich habe daher während eines Jahres als Kellner gearbeitet; das machte Spaß und ich verdiente gut. Danach begann ich mein Volkswirtschafts-studium an der Uni Zürich und habe als Werkstudent weiter als Kellner und später als Assistent in der Vermögensverwaltung gearbeitet, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen.

Lange Lehr- und Wanderjahre

Nach Studienabschluss war ich immer noch unschlüssig, was ich tun wollte. Mehr aus Verlegenheit als aus Überzeugung habe ich als Junior Auditor bei einer Treuhandfirma angefangen mit dem Ziel, Wirtschaftsprüfer zu werden. Acht unglückliche Monate später bot mir mein Hausarzt folgende Wahl: Entweder meine Magenprobleme entwickelten sich zum Geschwür oder ich kündigte die Stelle. Ich entschied mich für letzteres und war damit karrieretechnisch zurück auf Feld eins.

Dann arbeitete ich als Leiter Administration in einer Vermögensverwaltung, aber nach vier Jahren war klar: auch das ist nicht meine Karriere. Was nun? Ich erinnerte mich meiner alten Liebe Gastgewerbe und entschloss mich, die Wirte-Fachausbildung zu machen, um ein Restaurant zu eröffnen.

Nach Abschluss der Ausbildung war ich um viele Tausend Franken ärmer, dafür um eine Erkenntnis reicher: Ein Restaurant zu führen ist nicht mein Ding!

Schliesslich fand ich nach einer gründlichen Analyse meiner Interessen und Neigungen – inzwischen 32-jährig – als Personalberater eine berufliche Ausrichtung, die mir entsprach. Ich blieb während elf Jahren in diesem Beruf bis ich mich als Karrierecoach selbständig gemacht habe.

Traumjobs als Vehikel für Bedürfnisse

Seither analysiere ich mit meinen Kundinnen und Kunden in Standortbestimmungen ihre Traumjobs darauf hin, was sie über ihre beruflichen Neigungen aussagen. Dabei habe ich realisiert, dass ich meinen «Restaurant-Traum» inzwischen verwirklicht hatte. Hätte ich in jungen Jahren diese Analyse gemacht, hätte ich meine beruflichen Bedürfnisse erkannt: Ich wollte ein eigenes Unter-nehmen nach meinen Vorstellungen führen und für praktisch sämtliche Aufgaben zuständig sein.

Ich entwerfe heute zwar keine kulinarischen Rezepte, habe aber all meine Konzepte selber ausgesucht und weiterentwickelt. Zudem bin ich für Akquisition und Kundenberatung, für Marketing inkl. Homepage sowie für Administration und Buchhaltung zuständig. Dieses Bedürfnis nach vielseitigen Aufgaben und Gesamtverantwortung hatte sich im «Traum-Job Wirt» ausgedrückt. Mit einer Standortbestimmung hätte ich also viel Geld und Zeit gespart.

Aber immerhin: Mein in der Küche hängendes Gratulationsschreiben des Zürcher Regierungsrats an den besten Absolventen des Wirte-Fachkurses 1996 sorgt immer wieder für Erheiterung meiner Gäste.

#karriere, #standortbestimmung