Das Thema Diversity ist allgegenwärtig. Dabei dürfte Einigkeit darüber bestehen, dass Menschen unabhängig z.B. von ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Ethnie die gleichen Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben sollen. Wenn aber argumentiert wird, diverse Teams seien erfolgreicher, müssen wir vermutlich tiefer gehen, wie das Beispiel eines Kunden veranschaulicht.
Mein Kunde ist Führungskraft ein einem hochspezialisierten Bereich. Er muss in seiner Funktion Entscheidungen fällen, die nicht nur weitreichende Folgen für das Unternehmen haben; die Problemstellungen lassen sich auch nicht nach wissenschaftlichen Kriterien oder zahlenbasiert lösen. Er muss Einschätzungen vornehmen, Gesichtspunkte gegeneinander abwägen und priorisieren. Die Probleme können mit guten Argumenten auch anders gelöst werden – kurz: Es gibt kein richtig oder falsch.
Beeindruckt hat mich, wie er mit dieser Herausforderung umgeht: Er hat für sein achtköpfiges Team die unterschiedlichsten Charaktere rekrutiert, damit möglichst viele Gesichtspunkte in die Problemlösungen einfliessen.
Divers bedeutet unterschiedlich
Als Beispiel nannte er eine prinzipienorientierte Mitarbeiterin, die das Team-Gewissen für die Berücksichtigung aller gesetzlichen und Compliance-bezogenen Aspekte sei. Ihr Gegenpart sei ein Mitarbeiter mit einer offeneren und kreativeren Herangehensweise. Dies ist nur ein Beispiel von komplementären Charakteren in seinem Team. Er selber sieht sich in der Problemlösung als «Dirigent», der die Diskussion seiner Spezialistinnen und Spezialisten moderiert und sie zu einer gemeinsamen Lösung führt, für die er dann die volle Verantwortung trägt.
Es geht um wirkliche Unterschiede
Damit zeigt sich, dass echte Diversity da anfängt, wo der Spass aufhört. In der Zusammenarbeit mit unterschiedlichen und damit oft gegensätzlichen Charakteren bewegen wir uns immer mal wieder ausserhalb unserer Komfortzone und stossen an unsere Grenzen.
Dahingegen kann Diversity bei oberflächlicher Betrachtung nur scheinbar sein. Eine Gruppe von Menschen, gemischt z.B. nach Ethnie, Geschlecht oder sexueller Orientierung kann recht homogen sein: Sie entstammen möglicherweise einem ähnlichen sozio-ökonomischen Umfeld, haben als Akademikerinnen an Universitäten die identischen Theorien studiert, teilen eine ähnliche Weltanschauung und informieren sich in den gleichen Medien. Und damit haben wir genau das Gegenteil von Diversity. Dass z.B. Frauen anders denken als Männer mag im Durchschnitt richtig sein, aber nicht unbedingt im Einzelfall.
Und gefunden hat sich das Team möglicherweise aufgrund von Sympathie. Dies passiert, wenn Rekrutierung nicht das Ziel hat, fehlende Fähigkeiten oder Eigenschaften zur Ergänzung des Teams zu gewinnen, sondern die Auswahl neuer Mitarbeitender durch bestehende Team-Mitglieder erfolgt. Diese suchen ihre Kolleginnen und Kollegen oft danach aus, ob sie Lust haben, mit ihnen zusammenzuarbeiten.
Wenn wir Diversity im Sinne einer Steigerung der Performance ernst nehmen, müssen wir also dafür sorgen, dass sie mehr ist als eine Handvoll bunte Smarties, die zwar alle anders aussehen aber bei denen überall das Gleiche drinsteckt.