Erfolg ist eine Frage der Sichtweise

Viele meiner Kundinnen und Kunden betrachten Erfolg nur als solchen, wenn er umfassend ist. Dabei übersehen sie Teilerfolge, die sie erzielt haben und geben sich gleichzeitig die Schuld für Umstände, die ausserhalb ihres Einflussbereiches liegen. Und damit erachten sich Menschen als erfolglos, die ich von aussen betrachtet als sehr erfolgreich wahrnehme.

Peter Näf

Eine Kundin im Outplacement verfügte über einen interessanten Werdegang im Finanzbereich und hatte bei renommierten Industriekonzernen gearbeitet. Wir machten eine Standortbestimmung und erstellten ihre Bewerbungsunterlagen.

Schliesslich trainierten wir ein Bewerbungsgespräch für eine Stelle, auf die sie sich beworben hatte. Bei meiner Vorbereitung wunderte ich mich, warum sie sich für die Stelle als geeignet erachtete. Die Aufgaben und Verantwortungen gingen weit über das hinaus, was ich von ihren Erfahrungen bisher kennengelernt hatte.

Werten Sie Ihre Erfahrungen richtig aus!

Im Job-Interviewtraining darauf angesprochen sagte sie mir, dass sie genau diese Funktion in einer früheren Stelle ausgeübt hätte. Das war in ihrem CV nicht zu ersehen und wir passten diesen entsprechend an.

Sie war nur 18 Monate bei der Firma beschäftigt und hatte diese Position in ihren bisherigen Schilderungen eher stiefmütterlich behandelt. Es war ihr unangenehm, darüber zu sprechen. Was war passiert?

Zusammen mit dem CFO und Vorgesetzten beim vorherigen Arbeitgeber ist sie in diese Firma gewechselt. Es stellte sich heraus, dass der Finanzbereich unterentwickelt war und nicht aktuellen Anforderungen entsprach. Meine Kundin hat daher Ihren Verantwortungsbereich völlig neugestaltet: Sie baute eine moderne Finanzplanung und -analyse auf und rekrutierte für vier internationale Standorte neue Teams. Eine besondere Herausforderung bestand darin, am Hauptsitz sowie bei den Tochtergesellschaften im Ausland neue Reporting-Standards zu etablieren. Und schliesslich evaluierte und implementierte Sie eine neue Finanzsoftware. All dies bewältigte sie in nur 18 Monaten neben einem anspruchsvollen Tagesgeschäft – eine unglaubliche Leistung!

Erfolg ist, was Sie als Erfolg anerkennen

Das Unternehmen stand in mittlerer Frist finanziell in Schieflage, was meine Kundin aufgrund des verbesserten Zahlenmaterials als erste erkannte und mehrmals anmahnte. Die Verantwortlichen wollten das Problem nicht sehen. Aus diesem Grund und wegen der übermässigen Belastung über lange Zeit hat sie schliesslich gekündigt.

Sie betrachtete diese Karrierephase als Misserfolg und schämte sich dafür, da sie die Probleme nicht hat abwenden können. Es tröstete sie auch nicht, dass sie im Nachhinein recht behielt: Das Unternehmen wurde Monate später saniert und Schlüsselpersonen verloren ihre Stelle.

Da sie ihre Leistung nur als Erfolg gesehen hätte, wenn es dem Unternehmen gut gegangen wäre, hat sie ihren eigenen, hervorragenden Beitrag nicht als solchen anerkannt. Sie hat sich stattdessen für Entwicklungen verantwortlich gemacht, die sie nicht beeinflussen konnte.

Mit diesem Mindset fühlt sie sich nicht erfolgreich und kommuniziert entsprechend. Ihre Zuhörer nehmen die Welt durch ihre Brille wahr und übernehmen damit ihre Sichtweise. Denken Sie immer daran: Was Recruiter über Sie denken, hängt entscheidend davon ab, was Sie selbst über sich denken.

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