Grundlagen
Systemisches Coaching hat seine Wurzeln in der Familientherapie. Sie geht davon aus, dass das Verhalten einzelner Familienmitglieder nur im Kontext des Familiensystems zu verstehen ist. Übertragen auf das systemische Coaching können wir das Verhalten einer Person nur im Zusammenhang mit seinem Umfeld, z.B. dem Unternehmen oder der Abteilung nachvollziehen. Menschen verhalten sich je nach Kontext unterschiedlich und zeigen andere Seiten ihrer Persönlichkeit. Systemisches Coaching geht davon aus, dass wir Situationen kurzfristig als gegeben annehmen müssen. Veränderung findet damit nicht beim Umfeld und den anderen involvieren Menschen statt. Die einzige Möglichkeit, die Situation zu beeinflussen, liegt bei den Coachee. Durch Änderung von Haltung und Verhaltens schaffen sie neue Rahmenbedingungen für ihr Umfeld. Sie nehmen damit Einfluss auf das Verhalten der Menschen und verändern gleichzeitig das System. Voraussetzung für den Erfolg ist allerdings, dass die Coachee Verantwortung für ihre Situation übernehmen und nicht erwarten, dass die Menschen in ihrem Umfeld sich verändern.
Systemisches Coaching und Persönlichkeit
Die Sache kompliziert sich durch den Umstand, dass Menschen ebenfalls Systeme sind. Wir gehen davon aus, wir sprächen nur mit einer Stimme. Stattdessen sind wir Individuen mit unterschiedlichen, teilweise widersprechenden Neigungen. Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust. Wenn es nur so einfach wäre. In Wirklichkeit gilt: Ich bin viele. Der deutsche Kommunikationspsychologe Friedeman Schulz von Thun hat mit seinem Konzept des inneren Teams eine schöne Darstellung für diese innere Vielfalt geschaffen. Es geht von den gleichen Grundannahmen wie die Familientherapie aus. Was wir als unsere einheitliche Stimme wahrnehmen und nach außen tragen, ist in Wirklichkeit ein innerer Mehrheitsentscheid unterschiedlicher Teilpersönlichkeiten. Alle stehen für bestimmte persönliche Bedürfnisse. Damit kompliziert sich das Verhältnis von Individuum und Umfeld. In Wirklichkeit stehen sich mehrere Systeme gegenüber. Und genau da setzt Coaching an: Zuerst muss man mit dem inneren System in Reine kommen. Erst dann kann das Zusammenspiel mit dem äusseren System gelingen.