Mein Job muss Spass machen. Na dann – viel Vergnügen!

Oft höre ich von meinen Kundinnen und Kunden, dass es Ihnen bei einem Job vor allem wichtig sei, dass er Spass mache. Ist Spass eine sinnvolle Kategorie für die Beurteilung einer Berufstätigkeit? Wären Begriffe wie Zufriedenheit oder Erfüllung nicht geeigneter? Oder ist das alles nichts als sinnlose Wortklauberei? Ich denke, dass unsere Wortwahl sehr viel Einfluss darauf hat, ob wir mit einer beruflichen Situation zufrieden sind oder nicht.

Peter Näf

Die meisten Menschen werden sich darüber einig sein, dass Arbeit auch Freude bereiten soll – schliesslich möchte niemand sie als Mühsal empfinden, obwohl dies leider viele Menschen tun. Am Begriff «Spass» erscheint auf den ersten Blick nichts falsch zu sein und wenn Spass die einzige Anforderung an einen Job wäre, hätte ich nichts gegen ihn einzuwenden.

Die meisten Menschen wünschen sich aber gleichermassen, dass sie sich im Job weiterentwickeln und etwas Sinnvolles tun können. Doch die meiste Entwicklung findet in der Krise statt: Wir stossen auf ein Problem, welches wir mit unseren bisherigen Lösungsstrategien nicht bewältigen können. In der Zusammenarbeit sind wir möglicherweise mit Menschen konfrontiert, mit denen wir nicht zurechtkommen. In dieser Hinsicht ist auch die zu Recht eingeforderte Diversität für das Erbringen von überdurchschnittlichen Leistungen nicht die reine Freude.

Wir wachsen nicht in der Komfortzone

Und so endet der Spass im Arbeitsalltag und wir sind gezwungen, unsere Komfortzone zu verlassen. Ich gehe davon aus, dass Menschen einen natürlichen Trieb haben, zu lernen und sich zu entwickeln. Und das ist oft anstrengend: Wenn wir wachsen wollen, müssen wir Hürden überspringen, uns in Frage stellen und Unsicherheit aushalten; alles Dinge, die wir uns nicht bewusst aussuchen würden.

Berufliche Zufriedenheit ist realistisch

Ich bezeichne mich als sehr zufrieden mit meiner Karriere. Auch erlebe ich in meinem Berufs-Alltag Spass – über die Jahre immer häufiger. Dies passiert u.a., wenn ich mich mit Coachees gut verstehe und die Zusammenarbeit rund läuft – Coachen fühlt sich dann an wie Tanzen. Am meisten aber habe ich von meinen Coachees gelernt, mit denen die Zusammenarbeit anstrengend, zum Teil gar frustrierend war. Dies war und ist eine andauernde Investition.

Auch fallen in meinem Unternehmen neben der Beratung Aufgaben an, die ich mir nicht freiwillig antäte: Ich muss mich um die IT kümmern, den streikenden Drucker zum Laufen bringen, die Buchhaltung erstellen, die Mehrwertsteuer abrechnen, Prozesse optimieren, etc. Aber eines habe ich dabei gelernt: Wenn ich mich einer Sache mit voller Konzentration widme, mache ich sie mit der Zeit gerne. Freude an der Arbeit hat also auch mit der persönlichen Haltung, möglicherweise sogar mit Arbeitstechnik zu tun.

Das gleiche gilt auch in der Freizeit: Wenn wir heute mit Spass Ski fahren, haben wir vergessen, wie mühsam das Erlernen in der Jugend war. Aber damals haben wir vom Leben vermutlich noch nicht erwartet, es müsse Spass machen.

Vielleicht sollten wir aufgrund dieser Überlegungen besser fordern: «Mein Job muss gelegentlich auch Spass machen.» Und – ist das jetzt nicht doch Wortklauberei? Ich denke nicht, denn: Worte schaffen Erwartungen. Und unrealistische Erwartungen sind Gift für eine erfüllende Karriere.

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