Im Zusammenhang mit Outplacement fragen mich Unternehmensvertreter oft nach Statistiken über die Dauer, die meine Coachees brauchen, bis sie eine neue Stelle gefunden haben. Ist die Zeitdauer ein geeignetes Mass für die Einschätzung meiner Fähigkeiten als Outplacement-Berater? Ich staune immer wieder über die unkritische Betrachtung solcher quantitativen Messgrössen.
Ich könnte meine Betrachtung mit der bekannten Bemerkung beginnen, ich traute keiner Statistik, die ich nicht selber…. Ich gehe stattdessen davon aus, dass alle Beratungsunternehmen reale Zahlen veröffentlichen. Aber eignen sich quantitative Größen zur Messung des Beratungserfolges?
Ich erinnere mich an meine Anfänge als Outplacement Berater und den gefühlten Druck, dass meine Coachees so schnell wie möglich eine neue Stelle antreten müssen. Als ehemaliger Personalberater weiß ich, dass diejenigen bei der Stellensuche am Schnellsten zum Ziel kommen, die sich für die bisherige Tätigkeit bei einem neuen Arbeitgeber bewerben. Für den in der Statistik erfolgreichen Outplacement-Berater ist es daher von Interesse, leicht vermittelbare Coachees zu betreuen. Aber Hand aufs Herz – diese finden auch ohne Beratung eine neue Stelle.
Die Frage aber ist: Macht es Sinn, nach einem Job-Verlust möglichst schnell die nächste Stelle anzutreten?
Der/die Coachee steht im Vordergrund
Auch Arbeitgeber haben oft Interesse, dass ihre entlassenen Mitarbeitenden möglichst schnell eine neue Stelle antreten. Die Arbeitslosenversicherung möchte die Stellensuchenden ohnehin rasch versorgt wissen. Dabei geht vergessen, was das Beste für die Betroffenen selber ist. Viele meiner Kundinnen und Kunden nutzen die Zeit der Stellenlosigkeit für eine Standortbestimmung, um die Weichen in ihrer Karriere neu zu stellen. Sie wollen eine nachhaltige Entscheidung für ihre berufliche Zukunft fällen. Einige melden sie sich sogar vom RAV ab, um dem Druck zu einer übereilten Stellenannahme zu entgehen. Als Karrierecoach kann ich das Ziel einer nachhaltigen Lösung nur unterstützen. Die Stellensuche kann sich dadurch aber verlängern.
Qualität steht im Vordergrund
Jede/r Coachee, der so vorgeht, ruiniert mir bei einer rein quantitativen Betrachtung meine Erfolgsstatistik. Und wenn ich dann noch Kundinnen und Kunden betreue, für die sich die Stellensuche aufgrund ihres Hintergrundes, des fortgeschrittenen Alters oder der schwierigen Lage in ihrem Arbeitsmarktsegment als zeitintensiv erweist, dann ist meine Statistik vollends im Eimer. Und schliesslich sind es genau diese Menschen, die eine Outplacement-Beratung am Dringendsten benötigen.
Wenn sich Beratung danach ausrichtet, dass Betroffene eine nachhaltige Lösung für sich finden, kommt nur eine qualitative Erfolgsmessung in Frage. Weder der Sponsor des Outplacements noch ich als Berater bestimmen, was ein erfolgreiches Outplacement ist, sondern die Coachees selber. Sprechen Sie also als Sponsor/Sponsorin in mit ihren Mitarbeitenden, ob sie die Beratung als hilfreich empfunden haben.
Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter hat es verdient, mehr als eine Nummer in einer fragwürdigen Erfolgsstatistik zu sein.