«Tick the Boxes» im Kopf der Interviewenden!

Die Herausforderung für Recruiter im Job-Interview besteht darin, in kurzer Zeit viele Fragen zu klären, um entscheiden zu können, ob sie Bewerbende in eine nächste Interviewrunde einladen wollen. Sie können sich das wie eine Liste von Kontrollkästchen vorstellen, die abgehakt werden müssen. Manchmal schaffen es Bewerbende, bei einem Kästchen einen Haken zu setzen, ohne dass die Interviewenden es bemerken.

Peter Näf

Ein Kunde im Outplacement stand vor einem wichtigen Bewerbungsgespräch, für welches ich ihn trainierte. Er war hoch qualifiziert und bestens geeignet für die in Frage stehende Stelle. Auch verfügte er über ein tadelloses Auftreten und war ein guter Kommunikator.

Trotzdem bereitete ihm das Gespräch Kopfzerbrechen, da ihm bei der letzten Stelle gekündigt worden war. Der Grund waren unterschiedliche Vorstellungen zwischen seinem Vorgesetzten und ihm über die strategische Ausrichtung seiner Abteilung.

Sicherheit wirkt ansteckend

Ich fand diesen Kündigungsgrund nachvollziehbar und unproblematisch zu kommunizieren. Zudem bejahte er meine Frage, ob er über kurz oder lang aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen von sich aus gekündigt hätte.

Wenn Recruiter seine Unsicherheit im Gespräch festgestellt hätten, hätten sie mit Sicherheit hartnäckig nachgefragt und alternative Kündigungsgründe gesucht. Da der geäusserte Grund inhaltlich nachvollziehbar ist, kann eine Unsicherheit des Kandidaten ja nur bedeuten, dass er die wahren Kündigungsgründe verschleiert oder dass sonst etwas kompromittierendes vorgefallen war.

Mein Kunde musste also für eine erfolgreiche Kommunikation des Kündigungsgrundes mit sich ins Reine kommen. Das konnten wir im Coaching klären. Zusätzlich riet ich ihm, seine Argumentation für sich laut zu üben, damit er nicht beim erstmaligen Sich-Zuhören im Bewerbungsgespräch ob seinen eigenen Worten erschrickt.

Erfolgreiche Kommunikation ist vorbereitet

Da ich ihn für rhetorisch beschlagen hielt, schlug ich ihm noch einen Kommunikations-Trick vor: Wie erwähnt, können Sie sich die zu klärenden Fragen der Recruiter als Taskliste mit Kontrollkästchen in deren Gehirn vorstellen. Ich schlug meinem Kunden daher vor, bei der Beantwortung der erwartbaren ersten Frage (z.B.: «Stellen Sich bitte kurz vor») das Kästchen «Kündigungsgrund» gleich mit abzuhaken.

Das funktionierte folgendermassen: Mein Kunde bereitete sich gut vor und schilderte seine bisherige Karriere umgekehrt chronologisch und erwähnte dann kurz die Kündigung, ging aber mit einer allgemeinen Formulierung über die Gründe hinweg. Anschliessend fesselte er die Aufmerksamkeit der Interviewenden, indem er den roten Faden seiner bisherigen Berufserfahrungen in die Zukunft spann, und die Motivation für die neue Position erläuterte.

Er formulierte das so elegant, dass die Interviewenden nicht mehr auf den Kündigungsgrund zu sprechen kamen – anscheinend war das Häkchen bei der entsprechenden Frage gesetzt.

Professionelle Rekrutierung geht anders. Ich finde eine vertiefte Klärung der Gründe für die Trennung in einer solchen Situation unabdingbar. Aber meinen Kunden brauchte das nicht weiter zu interessieren – er hat die Stelle gekriegt und war sehr zufrieden und erfolgreich in seiner neuen Position.

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