Träume wollen nicht immer verwirklicht werden

Viele Menschen tragen Traumjobs mit sich herum. Sie stellen sich zum Beispiel vor, Inhaberin einer Strandbar zu sein, ein Bed&Breakfast zu führen, Fotoreisen in Afrika zu leiten, ein Take-away zu eröffnen und über Franchise zu verbreiten. Diese Traum-Jobs haben oft die Funktion eines Inseltraums als geistige Flucht vor der aktuellen beruflichen Situation, die nicht genügend befriedigt.

Peter Näf

Die meisten Menschen stellen ihre Traumjobs während ihrer ganzen Karriere nie auf die Probe. Sie nehmen sie möglicherweise nicht wirklich ernst oder sie möchten sie als eine Art geistige Notreserve für schlechte Zeiten behalten; und dies, obwohl die meisten Träume sich bei genauer Betrachtung als nicht erstrebenswert herausstellen dürften.

Dass es sich lohnt, einen persönlichen Traum zu analysieren, auch wenn sich dieser anschließend in Luft auflöst, zeigt das folgende Beispiel:

Vor einigen Jahren kam eine junge Frau zu mir ins Coaching. Sie war 32 Jahre alt, hatte Wirtschaft an einer führenden Universität studiert, einige Jahre bei einer namhaften Beratungsunternehmung gearbeitet, in den USA einen Top-MBA absolviert und war zur Zeit unserer Zusammenarbeit bei einem Luxusgüter-Konzern im Marketing tätig – eine nach gängigen Maßstäben höchst erfolgreiche Karriere. Sie war aber mit ihrer beruflichen Situation unzufrieden und es war ihr Wunsch, Filmregisseurin zu werden.

Träume stehen für Bedürfnisse im Leben

Im Rahmen der beruflichen Standortbestimmung habe ich sie gefragt, was sie denn genau am Beruf der Filmregisseurin interessierte. Ich notierte Ihre Aussagen am Flipchart: Selbständiges Arbeiten, eigene Ideen verwirklichen können, kreativ tätig zu sein; etwas Besonderes zu tun und damit ein Alleinstellungsmerkmal zu haben, Sozialprestige, usw. Ich war erstaunt, dass sie relativ wenige Punkte nannte. Und sie erwähnte nichts von Drehbüchern, Kameras und Schauspielern. Keines der geäußerten Bedürfnisse hätte eine berufliche Veränderung ins Film-Geschäft nahegelegt. Als wir uns anschließend mögliche Aufgaben und Herausforderungen einer Filmregisseurin betrachteten, realisierte sie, dass dieser vermeintliche Traumberuf sie nicht wirklich interessierte. Aber die Bedürfnisse, die sich als Projektion in diesem Traum artikulierten, galt es in der Stellensuche zu verwirklichen.

Die Kundin hatte dann schliesslich eine Stelle gefunden, in welchem sie die genannten Bedürfnisse befriedigen konnte: Sie wurde bei ihrem aktuellen Arbeitgeber Area-Salesmanagerin für eine bestimmte Region in den USA.

Diese Geschichte ist auch ein Beispiel dafür, dass die optimale nächste Stelle oft nicht weit von der bisherigen und manchmal sogar im gleichen Unternehmen zu finden ist.

Stellen Sie sich Ihren Träumen

Träume sind für die Orientierung in der Karriere sehr hilfreich. Sie geben uns Einblick in unsere Wünsche und Bedürfnisse, denn unser Unterbewusstsein kann nur über Träume, Vorstellungen und innere Bilder mit uns kommunizieren.

Wagen Sie es daher, sich mit ihren Träumen auseinander zu setzen. Es ist besser, heute einen Traum auszuwerten und dann zu begraben, als später im Rückblick auf das eigene Leben fälschlicherweise zu bereuen etwas nicht getan zu haben, was einen bei genauerem Hinsehen nicht wirklich interessiert hätte.

#Standortbestimmung, #Karriere, #Strategische Karriereplanung