Meiner Erfahrungen nach sind die meisten Bewerbenden nicht genug auf Job-Interviews vorbereitet. Und dies, obwohl einige von ihnen mehrere Stunden auf die Vorbereitung verwenden: Sie recherchieren über das Unternehmen, bei dem sie sich bewerben, lesen Presseartikel – manche studieren sogar die Geschäftsberichte der letzten Jahre. Doch das Entscheidende lassen sie aus.
Eines meiner letzten Job-Interviews, das ich als Kandidat geführt habe, habe ich völlig vermasselt. Ich konnte kaum eine Frage überzeugend beantworten. Zwischendurch hatte ich sogar Aussetzer. Es war demütigend. Als ich nach dem Gespräch die Treppe beim Unternehmen hinunterschlich, schoss mir plötzlich alles durch den Kopf: Viele der Erfahrungen, über welche die Interviewer mich befragten, hatte ich gemacht. Zu den meisten Fragen hätte ich gute Antworten gehabt. Aber warum fiel mir das im Gespräch nicht ein?
Ich erinnere mich, dass ich wenig vorbereitet in Bewerbungsgespräche ging in der festen Überzeugung, die Fragen gut beantworten zu können. Denn es ging ja um mich – und auf dem Thema war ich schliesslich der unschlagbare Spezialist! Zudem dachte ich, dass gute Vorbereitung Spontaneität und Authentizität im Gespräch verhindere. Das Gegenteil all dieser Annahmen ist richtig.
Erfolgreiches Tun ist meist unbewusst…
Oft sind die besten Praktiker die schlechtesten Selbstvermarkter. Warum ist da so? Weil wir Menschen so angelegt sind, dass wir Tätigkeiten, die wir mehrmals ausführen, automatisieren und damit unbewusst ausführen. So funktioniert auch das schulische Lernen durch Wiederholung. Die Automatisierung schont unseren begrenzten Arbeitsspeicher im Gehirn, der dadurch für neue Herausforderungen frei wird.
Je erfahrener wir sind, desto automatischer handeln wir. Dies ist ein wesentlicher Grund, warum Menschen 50plus sich oft defizitär fühlen: Sie sehen bei jüngeren Menschen, was sie selbst nicht mehr können, und übersehen dabei die über viele Jahre der Praxis erworbenen unbewussten Kompetenzen (siehe Artikel « 50plus – (selbst-) unterschätztes Potential»).
…gute Kommunikation hingegen bewusst
Und was zeichnet gute Kommunikation aus? Genau das Gegenteil: Bewusstheit! Das ist die Herausforderung in der Bewerbung: Recruiter und Hiring Manager würden Sie am liebsten bei der Arbeit beobachten. Gleichzeitig ist der Modus des Tuns bei den Bewerbenden dafür völlig ungeeignet. Wenn Sie im Bewerbungsgespräch überzeugen wollen, müssen Sie Ihren Bewusstseinszustand wechseln vom Tun ins Reden. Durch gute Geschichten versetzen Sie Ihre Gesprächspartner in die Lage, Ihnen im Geiste bei der Arbeit zuzusehen.
Ihre wichtigste Vorbereitung auf Job-Interviews ist somit die Vorbereitung über Sie selbst. Blättern Sie also nicht nur im Jahresbericht Ihres möglichen Arbeitgebers, sondern auch in jenem Ihrer eigenen Ich-AG. Suchen Sie darin nach stellenrelevanten Erfolgen sowie erzählenswerten Geschichten und bereiten Sie diese für das Job-Interview vor.
#bewerbung #personalbranding #storytelling
Weitere Artikel zum Thema
Hoch leben die Praktikerinnen
Die 3 wichtigsten Erfolgsfaktoren im Job-Interview sind…