Von Bewerbungsgesprächen und Gorillas

Manchmal erzählen Bewerbende die spannendsten und interessantesten Dinge in Bewerbungsgesprächen gerade dann, wenn ihre Interviewer nicht zuhören. Es macht einen Unterschied, wann wir etwas erzählen. Erfahren Sie, was es damit auf sich hat und was das alles mit Gorillas zu tun hat.

Peter Näf

Es gibt ein berühmtes Experiment „Gorillas mitten unter uns“ der Psychologen C.Chabris und D.Simons (Buch: Der unsichtbare Gorilla). Probanden erhielten die Aufgabe, sich eine Filmszene anzusehen, in welcher sich zwei Teams Basketbälle zuwarfen. Und sie sollten zählen, wie oft eine bestimmte Mannschaft in Ballbesitz war. Nach Abschluss des Experimentes wurden sie nicht nur gefragt, wie oft die Mannschaft den Ball unter Kontrolle hatte. Die Psychologen wollten auch wissen, ob ihnen sonst noch etwas aufgefallen sei. Nachdem die Probanden dies verneinten, fragten sie konkreter, ob sie den Gorilla nicht bemerkt hätten, der sich übers Spielfeld bewegt hätte. Alle Probanden verneinten erneut. Erst die wiederholte Sichtung des Videos überzeugte sie davon, dass sich tatsächlich ein als Gorilla verkleideter Mann durch die Szene bewegte, stehen blieb und mit wilder Gestik auf sich aufmerksam machte.

Erzählen Sie, wenn Ihr Zuhörer bereit ist

Wie ist es möglich, dass den Probanden so etwas Offensichtliches entging? Anscheinend sehen wir nur, was wir erwarten. Und dies umso mehr, wenn wir uns auf etwas ganz Konkretes konzentrieren. Das ist an sich eine hilfreiche Fähigkeit. Wir blenden bei zielgerichteter Wahrnehmung alles aus, was für den Moment nicht relevant ist. Dadurch konzentrieren wir unsere Kräfte auf das Ziel hin und nehmen nur selektiv wahr.

Dies birgt in Bewerbungsgesprächen eine Gefahr. Bewerbende versuchen oft, wichtige Informationen im Gespräch zu platzieren, um ihre Eignung für die in Frage stehende Position darzustellen. Wenn sie dies im falschen Moment tun, bleiben ihre Inputs unbemerkt. Wenn Interviewende Fragen stellen, sind sie voll auf alle Informationen konzentriert, die die Frage beantworten. Alles andere wird wie der Gorilla im Experiment ausgeblendet. Und noch ein weiterer Nachteil besteht: Bewerbende werden ihr Anliegen bei günstiger Gelegenheit kein zweites Mal erzählen, da sie davon ausgehen, es sei schon angekommen. Wichtige Informationen sind dadurch im Bewerbungsgespräch verloren.

Es hat in der Schule schon nicht funktioniert

Dieses Phänomen kennen Sie vielleicht aus der Schule. Die Antwort auf eine bestimmte Frage wollte Ihnen nicht in den Sinn kommen. Also schrieben Sie ganz viel von dem auf, was Sie sonst gelernt hatten, in der Hoffnung, den Lehrer oder die Lehrerin damit milde zu stimmen. Aber auch dabei galt: Nur das Wissen erzielte Punkte, welches zum richtigen Zeitpunkt, d.h. nach der entsprechenden Frage wiedergegeben wurde.

Beantworten Sie im Bewerbungsgespräch daher immer die Fragen, die Ihnen gestellt werden. Und warten Sie geduldig auf den Moment, Ihre vorbereiteten Informationen gezielt zu platzieren, wenn Ihre Gesprächspartner dafür auf Empfang sind.

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