Im Coaching werde ich immer wieder mit der Frage von Coachees konfrontiert, warum sie trotz sehr guter Leistungen nicht befördert werden. Da sie der Meinung sind, dass noch bessere Leistungen sie der Beförderung näherbringen, legen sie noch einen Zacken zu. Doch dieses Verhalten hilft meistens nicht weiter. Irrational? Nicht unbedingt!
Ein Kunde, der bei mir eine Standortbestimmung gemacht hat, arbeitete als Fachspezialist in einem Grossunternehmen. Er hatte in Zusammenarbeit mit Kunden neue, sehr erfolgreiche Dienstleitungen entwickelt und betreute danach einer der wichtigsten Grosskunden. Als innovativer, unternehmerischer Macher war er in der eher verwaltenden Aufgabe unterfordert und unglücklich. Daher sucht er das Gespräch mit dem Vorgesetzten, um sich für eine Beförderung in Position zu bringen – allerdings ohne Erfolg.
Warum macht es sich sein Vorgesetzter nicht zur Aufgabe, diesen wertvollen Mitarbeiter zu entwickeln?
Vorgesetzte haben eine eigene Agenda
Gehen wir für einen Erklärungsversuch von folgender Hypothese aus: Der Vorgesetzte führt mehrere Mitarbeitende, von denen einige besser performen als andere. Nehmen wir weiter an, dass mein Kunde seine Funktion erfolgreicher erfüllt als seine Kollegen. Vorgesetzte könnten nun dazu neigen, einen weniger erfolgreichen Mitarbeiter zu befördern. Dies weil bei diesem ohnehin etwas verändert werden muss und er möglicherweise in der neuen Funktion erfolgreicher sein wird. Würde er meinen Kunden befördern, hätte er da eine zusätzliche Baustelle, wo bisher alles rund lief.
In solchen Situationen beobachte ich bei meinen Coachees oft folgendes Verhalten: Da sie die Nicht-Beförderung dahingehend interpretieren, dass sie noch nicht gut genug für die nächsthöhere Position seien, werden sie immer besser in ihrer aktuellen Funktion. Doch das hat einen Hacken.
Machen Sie sich nicht unentbehrlich
Sie machen sich dadurch für ihre aktuelle Funktion unentbehrlich und Vorgesetzte haben noch weniger Anlass, an dieser erfolgreichen Konstellation etwas zu ändern. Und was ist die Lösung?
Ich sehe zwei Ansatzpunkte: Erstens geht es oft nicht darum, die Leistung zu verbessern, sondern deren Sichtbarkeit. Gerade bei Mitarbeitenden, die ohne viel Aufhebens Ihren Job erfolgreich machen, sehen Vorgesetzte oft die damit verbundene Herausforderung nicht und unterschätzen damit ihre besten Leistungsträgerinnen. Diese Mitarbeitenden müssen mit Storytelling ihre Leistung sichtbar machen, wie ich es im Artikel «Warum Erfolg nicht genügend für sich spricht», beschrieben habe.
Zweitens ist es wichtig, dass Mitarbeitende unmissverständlich klar machen, wie wichtig Ihnen eine Beförderung ist. Es gibt Mitarbeitende – nicht immer die Besten – die dies sehr vernehmlich tun, während mein Kunde seinen Wunsch zurückhaltend formulierte. Wenn Vorgesetzte nun vor der Wahl stehen, den ersten Mitarbeiter zu verlieren, wenn sie ihn nicht befördern, während die Unzufriedenheit meines Kunden nicht akut erscheint, wird die Wahl eindeutig ausfallen.
Dieses Vorgesetzten-Verhalten mag weder vorausschauend noch unternehmerisch sein, aber es ist kurzfristig rational. Denn: «In the long run» gilt in Abwandlung eines ökonomischen Grundsatzes von Keynes: «we will all have left the company».
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