Unterschiedlicher Strukturierungsgrad von Job-Interviews
Job-Interviews unterscheiden sich durch den Grad ihrer Strukturierung. Von einem unstrukturierten Job-Interview spricht man, wenn jedes Interview einen anderen Verlauf nimmt und keinem einheitlichen Vorgehen folgt. Linienmanager führen oft diese Art von Interviews, wenn sie nicht geschult sind. Ein unstrukturiertes Job-Interview ermöglicht keinen Vergleich der Kandidaten, da diese nicht die gleichen Fragen beantworten mussten. Die Interviewenden unterliegen damit Einschätzungsfehlern wie Sympathie/Antipathie-Effekten. Das führt zu einer geringen Validität. Wer Kandidatinnen und Kandidaten vergleichen will, muss allen die gleichen Fragen stellen. Beim vollstrukturierten Interview geschieht dies während des ganzen Interviews. Es besteht kein Raum für informellen Austausch. Die Bewerbenden fühlen sich dabei oft unwohl und nicht als Individuen wahrgenommen. Die häufigste Form ist das teilweise strukturiertes Interview. Es umfasst einerseits freie Teile, in denen eine lockere Gesprächsatmosphäre aufkommen kann. Alle Bewerbenden müssen aber auch gleiche Fragen beantworten. Das Vorgehen verbindet die Vorteile der Extremvarianten des unstrukturierten und des voll strukturierten Interviews.
Voll strukturiertes Interview als Herausforderung
Vollstrukturierte Interviews wirken auf die Bewerbenden mechanisch und unnatürlich. Dies trifft vor allem dann zu, wenn die Interviewenden ungeübt sind. Es gelingt ihnen dann nicht, trotz der strikten Vorgehensweise eine angenehme Gesprächsatmosphäre zu schaffen. Voll strukturierte Interviews sind eher selten. Sie basieren auf einem komplexen System mit Fragen, die mit den Stellenbeschreibungen gelinkt sind. Im Gegensatz zum Behavioural Interview fragen Interviewer im voll-strukturierten Interview nicht das tatsächliche Verhalten der Bewerbenden in der Vergangenheit ab. Sie eruieren stattdessen Verhaltensabsichten oder kognitive Verhaltensmöglichkeiten. Dieser Ansatz basiert auf der Idee, dass Verhaltensabsichten gute Voraussagekraft sind für tatsächliches Verhalten hätten. Die Interviewer sammeln wie beim Behavioural Interview stellenbezogene kritische Ereignisse. Anhand dieser Ereignisse erarbeiten sie konkrete Situationsvorgaben. Für jede Situation konstruieren sie eine verhaltensbezogene Einstufungsskala. Die Interviewenden ordnen die Antworten der Bewerbenden entsprechend dieser Skala ein. Diese Interviews erzielen eine hohe Validität, wenn sie professionell geführt werden.
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