Bei der Frage im Job-Interview «Stellen Sie sich bitte kurz vor» sind viele Kandidatinnen und Kandidaten unsicher, wie sie ihren Werdegang schildern sollen: chronologisch oder umgekehrt chronologisch? Was denken Sie?
Chronologisch zu erzählen, wirkt zunächst logisch. Schliesslich leben wir unser Leben aus der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft. Die Stationen bauen aufeinander auf, es entsteht eine schlüssige Geschichte. Ein weiterer Vorteil: Die aktuellen Informationen stehen am Schluss und bleiben so für den weiteren Gesprächsverlauf besonders präsent.
Denn zuletzt Gesagtes bleibt erfahrungsgemäss am besten haften. Damit scheint die Frage beantwortet – oder etwa nicht?
Beide Enden bleiben haften
Ganz so einfach ist es nicht. Studien zeigen: Sowohl der Anfang einer Erzählung als auch ihr Schluss prägen sich besonders ein. Daher raten Kommunikationsberater, beiden Teilen besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Ich kann hier nicht für alle Arten der Kommunikation sprechen, aber für das Bewerbungsgespräch rate ich klar zum umgekehrt chronologischen Aufbau der Schilderung.
Warum? Wegen der Erwartungshaltung der Interviewerinnen und Interviewer: Sie suchen in erster Linie nach stellenrelevanten Informationen und blenden aus, was sie nicht unmittelbar interessiert – wie ich es im Artikel «Von Bewerbungsgesprächen und Gorillas» geschildert habe. Wenn Sie Ihre bisherige Karriere dramaturgisch perfekt als aufeinander aufbauende Episoden auf den Höhepunkt der heutigen Stelle hin konstruieren, dauert dies möglicherweise zu lange. Ihre Zuhörer ermüden und schweifen gedanklich ab. Viele Recruiter sind dann in Gedanken schon bei der nächsten Frage.
Setzen Sie die richtigen Anker!
Bildlich gesprochen: Ist die Zündschnur zu lang, haben sich die Zuhörenden innerlich schon verabschiedet, wenn die Bombe zündet. Gerade heute, wo schnelle Kommunikation und soziale Medien die Aufmerksamkeitsspanne verkürzen, ist das riskant.
Fesseln Sie daher Ihre Zuhörenden gleich von Anfang an mit Ihren interessantesten Informationen und erzählen Sie Ihre Geschichte rückwärts chronologisch. Das mag ungewohnt sein, funktioniert aber hervorragend – mit guter Vorbereitung.
Ein weiterer Grund spricht für die umgekehrte Chronologie: Ihre ersten Informationen setzen den Bezugspunkt, an dem sich alles Weitere orientiert. Der erste Eindruck prägt sich tief ein und ist nur schwer zu korrigieren.- wie ich im Artikel «Wie wollen Sie in Erinnerung bleiben?» erläutert habe.
Und Sie wollen ja nicht als Studienabgängerin in Erinnerung bleiben, sondern als erfahrene Fachperson, die Sie heute sind.