Der Sohn einer Freundin erzählte mir, wie ihm sein Lehrer den Sinn des Mathematikunterrichts näherbrachte, indem er einen Vergleich mit Fitnesstraining anstellte: Genau wie wir einen grossen Teil der Mathematik in der Praxis nicht anwenden, stemmen wir in unserem Alltag auch keine Gewichte. Aber wir brauchen die durch Training aufgebaute Muskelkraft für viele andere Dinge. Ein schönes Bild, um den sinnvollen Umgang mit KI zu beschreiben.
Künstliche Intelligenz hat positive Seiten und dürfte unseren Alltag künftig stark beeinflussen. Viele repetitive Aufgaben, deren eigenhändige Erledigung uns nicht weiterbringt, werden wir vermehrt an KI delegieren. Allerdings beobachte ich, dass viele meiner Kundinnen und Kunden Aufgaben abgeben, bei denen Sie lernen und sich weiterentwickeln könnten.
Die Kunst, sinnvoll zu delegieren
In der Bewerbung zum Beispiel versuchen Stellensuchende, Chat GPT zum Erstellen des Lebenslaufes zu verwenden. Viele Motivationsschreiben werden ohnehin von KI verfasst – man merkt es und es macht einen schlechten Eindruck. Auch im Arbeitsalltag setzen Mitarbeitende KI für die Korrespondenz oder das Verfassen von Protokollen ein, was Sinn macht, wenn es sich um reine Routinearbeiten handelt.
Bei vielen Aktivitäten, insbesondere bei der Bewerbung, rate ich allerdings von KI ab. Die Gründe schildere ich Ihnen anhand eines persönlichen Beispiels:
Warum mache ich mir die Mühe, jeden Dienstag auf LinkedIn einen selbst verfassten Artikel zu publizieren? Der Aufwand ist gross, ein Thema so aufzubereiten, dass es in 2-3 Minuten lesbar und verständlich ist. Um mich auf LinkedIn präsent zu halten, könnte ich Chat GPT mit meinen Gedanken füttern und mir den Text fertig ausformulieren lassen. Da ich aber lieber mich selbst als KI trainiere, übernehme ich den Aufwand.
Arbeit am Text ist Arbeit am Gedanken
Neben der Freude am Schreiben geht es mir um meine persönliche Weiterbildung. Ein Thema in einem Artikel aufzubereiten, zwingt mich dazu, präzise zu denken und mich klar auszudrücken. Durch die Gedankenarbeit entwickle ich Coaching-Themen weiter und erkenne neue Zusammenhänge. In der Zusammenarbeit mit meinen Kundinnen und Kunden komme ich auf Ideen, die ich wiederum in Artikeln vertiefe; damit entsteht eine Eigendynamik zur persönlichen Weiterentwicklung. Seit ich regelmässig schreibe, bringe ich auch in der Beratung meine Gedanken besser auf den Punkt.
Da wir nie gut genug denken und uns ausdrücken können, nutze ich diese Vorgehensweise, um mich zu verbessern. Das Gleiche rate ich meinen Coachees bei der Bewerbung: Auch in der Selbsterkenntnis und im Selbstmarketing kommen wir nie an und müssen uns laufend weiterentwickeln. Es lohnt sich daher, Zeit zu investieren.
Selbstverständlich nutze auch ich künstliche Intelligenz, z.B. fürs Research – wobei Vorsicht angebracht ist. Das Zitat im Zwischentitel über die Arbeit am Text wurde mir von Chat GPT als Werbeslogan der FAZ verkauft, entstammt aber einer Kampagne der NZZ. Aber immerhin: Als ich darauf hinwies, hat Chat GPT sich zwar nicht entschuldigt, den Fehler aber zugegeben und sich freundlich für meine Korrektur bedankt.
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