Soll ich meinen CV für KI optimieren?

Gleich vorweg: Ich kann Ihnen nicht sagen, ob künstliche Intelligenz Ihre Bewerbungsunterlagen selektiert. Aufgrund meiner Rekrutierungserfahrung sehe ich allerdings enge Grenzen für den Einsatz von KI, zumindest bei der Rekrutierung von hoch qualifizierten Bewerbenden. Dazu gleich mehr. Auch meine mir bekannten Recruiter arbeiten immer noch vornehmlich mit ihrer natürlichen Intelligenz. Umso mehr erstaunt mich die Sicherheit, mit der viele Kommentatoren behaupten, KI werde flächendeckend eingesetzt und CV’s müssten daher entsprechend optimiert werden.

Peter Näf

Die Schlagzeilen zu künstlicher Intelligenz in der Rekrutierung sind knackig und die Artikel erzeugen einen grusligen Sensations-Schauer. Kein Wunder, dass viele Vertreterinnen und Vertreter der schreibenden Zunft sich gerne dieses Themas annehmen. Leider beeinflussen sie damit das Bewerberverhalten negativ, wie folgendes Beispiel zeigt:

Eine Kundin hatte sich im Lebenslauf an prominenter Stelle als teamfähig bezeichnet. Ich riet ihr, Soft Skills – obwohl wichtig in der Rekrutierung – nicht im Lebenslauf zu erwähnen, da Recruiter sie sinnvoll nur im Job-Interview prüfen können. Sie entgegnete, im Inserat würde eine teamfähige Person gesucht. Der Begriff müsse in ihrem CV enthalten sein, damit der Algorithmus, der Bewerbende aussuche, sie nicht ablehne. Was ist davon zu halten?

Ganz so dumm ist KI dann doch nicht

Bei einer erfolgreichen Rekrutierung geht es darum, die geeignetsten Bewerbenden aus einer Vielzahl von Lebensläufen auszusuchen. Wäre das Vorgehen so simpel, dass ich einen Algorithmus beauftragte, nach Begriffen wie teamfähig oder auch nach bestimmten Hard Skills zu suchen, würde ich trotz eines unpassenden Hintergrundes ausgewählt; vorausgesetzt ich platzierte die richtigen Suchbegriffe in meinem CV. Eine top qualifizierte Bewerberin, die ihren Lebenslauf nicht KI-optimiert hätte, würde nach der gleichen Logik abgelehnt.

Unternehmen, die sich ein solches Vorgehen leisten können, kennen keinen Fachkräftemangel.

Optimierung kann kontraproduktiv sein

Auch mit intelligenteren Algorithmen besteht folgende Herausforderung bei der Rekrutierung: Gemäss meiner Erfahrung besteht keine Korrelation zwischen der Qualität von Bewerbenden und der Qualität ihrer Bewerbungen. Hervorragende Berufsleute sind oft schlecht im Selbstverkauf. Und Bewerbende, die weniger zu bieten haben, investieren tendenziell mehr Zeit in die CV-Optimierung, um ihre Chancen zu verbessern.

Damit ein Algorithmus die besten Resultate erzielte, müsste er all jene Bewerbenden aussortieren, die ihn durch Optimierung auszutricksen versuchen. Wir kennen das Problem von der Suchmaschinen-Optimierung: Die Algorithmen müssen laufend verändert werden, damit Nutzer sich nicht durch reine Optimierung einen Vorteil im Ergebnis-Ranking verschaffen können.

Das Problem bei vielen Lebensläufen ist nicht die fehlende KI-Optimierung, sondern dass sie unsorgfältig verfasst und damit unverständlich sind. Wer seine Erfahrungen und Kenntnisse sauber aufbereitet, verwendet automatisch die Begriffe, die in einer Job-Ausschreibung genannt werden, für die er oder sie in Frage kommt.

Mehr Optimierung ist meines Erachtens nicht nötig und Algorithmen, welche die Bezeichnung intelligent verdienen, müssten diese sanktionieren.

#bewerbung #lebenslauf #staerken #selbstmarketing