Ist das Motivationsschreiben ein Auslaufmodell?

Das Motivationsschreiben ist der Teil der schriftlichen Bewerbungsunterlagen, der vielen Bewerbenden am meisten Mühe bereitet. Als ich kürzlich in einem Artikel angeregt habe, Mühe darauf zu verwenden, haben es Leser als Auslaufmodell bezeichnet. Stimmt das?  Oder leben sie als Todgesagte länger? Kehren sie gar in veränderter Form wieder bei den Unternehmen, die darauf verzichten?

Peter Näf

Zuerst gilt es zu klären, was überhaupt der Sinn des Motivationsschreibens ist. Viele bezeichnen es als Begleitschreiben zu den Bewerbungsunterlagen, was es nicht ganz trifft. Es ist meines Erachtens ein eigenständiger Teil der Bewerbungsdokumente mit bestimmten Kommunikations-Zielen und entsprechenden Anforderungen.

Ich vergleiche den Lebenslauf mit einer Broschüre über die Bewerbenden, in der sie zusammengefasst und übersichtlich die wichtigsten Informationen über die eigene Person und ihre Karriere aufbereiten.

Das Motivationsschreiben hingegen beantwortet konkrete Fragen: Warum interessiere ich mich als Bewerber/in für diese Stelle und was sind die wichtigsten Gründe, warum ich denke, dafür in Frage zu kommen. Es ist damit vergleichbar mit einer massgeschneiderten Offerte.

Die Fragen bleiben relevant

Viele Bewerbende gehen davon aus, sie müssten nur aufzeigen, dass sie den in Frage stehenden Job machen können. Unternehmen interessiert aber gleichermassen, ob Bewerbende den Job auch machen wollen; ob sie dafür motiviert sind. Würden sie die Stelle einer top qualifizierten, aber wenig motivierten Bewerberin anbieten, bestünde die Gefahr, dass sie nach einigen Monaten einen sie mehr interessierenden Job annähme und kündigte. Unerwünschte Fluktuationen sind für Unternehmen sehr teuer und frustrieren nicht selten die zurückbleibenden Mitarbeitenden. Wenn wir nur die Fähigkeiten der Bewerbenden betrachten, besteht auch die Möglichkeit der Unterforderung mit der Gefahr eines Boreouts. Ich glaube, dieses Phänomen ist weit verbreitet, vielen aber im Gegensatz zum Burnout nicht bekannt.

Zeitversetztes Videointerview

Auch wenn die Fragen, die ein Motivationsschreiben beantwortet, immer noch relevant sind, kann man sich darüber streiten, ob es die Form noch ist. Da viele Unternehmen – ob man dies als sinnvoll erachtet oder nicht – diese Schreiben noch erwarten, sind sie zumindest für diese noch relevant. Allerdings verzichten immer mehr Unternehmen darauf, weil heute Bewerbende ohne Eigenleistung mit Chat-GPT ein durchschnittliches Motivationsschreiben verfassen können. Ein persönliches Schreiben nach gründlicher Auseinandersetzung mit sich und der Stelle kann allerdings nicht an künstliche Intelligenz delegiert werden. Es bietet dadurch die Chance, sich von Mitbewerbenden abzuheben.

Die Fragen, die ein Motivationsschreiben idealerweise beantwortet, kommen aber in veränderter Form zurück im zeitversetzten Videointerview. Dabei stellen Unternehmen Bewerbenden Fragen nach dem Interesse für die Stelle und den wichtigsten Argumenten, warum sie darauf passen könnten.

Die Form ändert sich, aber der Inhalt bleibt. Und spätestens im Job-Interview kriegen Sie die Fragen noch einmal gestellt. Wenn Sie Ihr Motivationsschreiben selber verfasst haben, sind Sie darauf gut vorbereitet, denn jetzt können Sie die Fragen nur noch mit ihrer natürlichen Intelligenz beantworten.

#motivationsschreiben #bewerbung #selbstmarketing

Es ist nie zu spät für eine neue Berufskarriere

«Die berufliche Karriere muss mit 30 aufgegleist und mit 40 müssen Sie angekommen sein. Wer mit 50 nicht am absoluten Karrierezenit steht, kann seine Berufskarriere vergessen. An einen Berufswechsel ist in diesem hohen Alter so-wieso nicht mehr zu denken und überhaupt müssen Sie froh sein, wenn Sie dann überhaupt noch eine einigermassen vernünftige Stelle finden.» Kennen Sie diese oder ähnliche Karrierevorstellungen? Höchste Zeit, diesen Unsinn dahin zu verfrachten, wo er hingehört – ins Land der Mythen und Märchen!

Peter Näf

All meinen Kundinnen oder Kunden die schon in Ihren frühen Vierzigern resigniert anmerken, ihre Karriere sei gelaufen und grössere berufliche Veränderungen seien in ihrem fortgeschrittenen Alter nicht mehr möglich, erzähle ich immer die folgende Geschichte. Eine Freundin von mir, nennen wir sie aus Diskretionsgründen Monika, hat alle diese verbreiteten Dogmen Lügen gestraft.

Weiterlesen auf eigene Gefahr; einige Ihrer alten Glaubenssätze betreffend Karriere könnten ins Wanken geraten!

Ohne Investitionsbereitschaft geht es nicht

Monika ist heute über 80 Jahre alt, wurde also in den 1940-er Jahren geboren. Sie wuchs auf dem Land in einer kinderreichen Familie und in bescheidenen Verhältnissen auf. Sie besuchte nur die minimale, damals obligatorische Schule; eine Lehre konnte nur ein Teil ihrer Brüder absolvieren. Von ihr wurde erwartet, dass sie nach Abschluss der Schule zum Familieneinkommen beiträgt; eine spätere Heirat wurde vorausgesetzt.

Monika hatte in jungen Jahren geheiratet und ihre vier Kinder als alleinerziehende Mutter grossgezogen, nachdem ihr Mann früh verstorben war. Sobald ihre Kinder erwachsen waren, suchte sie den beruflichen Wiedereinstieg und arbeitete als Hilfskraft in der Pflege.

Nehmen Sie das Heft in die eigenen Hände

Sie war nach kurzer Zeit unterfordert. Als ungelernte Hilfskraft waren die beruflichen Aussichten düster, von den Verdienstmöglichkeiten ganz zu schweigen. Daher hat sie sich dazu entschieden, sich mittels Berufslehre zur Krankenpflegerin ausbilden zu lassen. Die Reaktionen auf diesen überraschenden Schritt waren unterschiedlich und in vielen Fällen nicht ermutigend. Bei ihren Geschwistern zumindest stiess sie auf wenig Verständnis.

Zum Glück haben ihre Kinder und einige Freundinnen und Freunde sie in ihrem Anliegen unterstützt. Auch Lehrbetrieb und Schulen zeigten sich offen für ihr ausserordentliches, bisher nicht gesehenes Vorgehen. So ist sie im Alter von 50 Jahren in ihr erstes Lehrjahr eingestiegen und konnte vier Jahre später stolz ihr Diplom entgegennehmen. Auf dem Foto der Diplomfeier steht Sie neben den anderen Absolventinnen und Ab-solventen, deren Mutter sie hätte sein können. Sogar die meisten Lehrpersonen waren jünger als sie.

Danach hatte Monika noch zehn erfüllende Berufsjahre in der Krankenpflege vor sich und konnte gleichzeitig ihre Altersvorsorge aufstocken – eine rundum erfolgreiche Karriere.

Es lohnt sich also, all die wirren Vorstellungen und medial befeuerten gesellschaftlichen Glaubenssätze darüber, wie eine perfekte Karriere auszusehen habe, in den Wind zu schiessen und unbeirrt den eigenen Weg zu gehen!

Zugegeben, der harte Innerschweizer Schädel von Monika war eine gute Voraussetzung dafür.

#50plus #karriere #standortbestimmung

Beschäftigen Sie sich mit Ihren Träumen, wenn es rund läuft

Seit langem gehegte Karriereträume tauchen bei meinen Kundinnen und Kunden immer genau dann auf, wenn sie ihre Stelle verloren haben und sich gezwungenermassen mit ihrer beruflichen Zukunft beschäftigen. In den meisten Fällen ist dies der denkbar schlechteste Zeitpunkt dafür. Mit seinen Träumen sollte man sich genau dann beschäftigen, wenn alles in geordneten Bahnen läuft, wie folgendes Beispiel zeigt.

Peter Näf

Vor einiger Zeit beriet ich einen Kunden, der seine Stelle als Immobilienspezialist verloren hatte. Er wollte die Stellenlosigkeit nutzen, um einen Traum zu verwirklichen, den er schon sehr lange mit sich herumtrug: Ein Take-Away eröffnen und dieses über Franchise zu vertreiben. In seiner bisherigen Karriere war er immer im kaufmännischen Bereich tätig gewesen, seit vielen Jahren in der Immobilienbranche.

Wir haben uns zusammen angesehen, was für Schritte er für die Verwirklichung dieses Traumes unternehmen müsste, wie lange dies etwas dauern würde und wie viel Geld er als Überbrückung der Stellenlosigkeit bis zur Realisierung und dann für die erste Zeit der Umsetzung bräuchte.

Träume muss man sich leisten können

Da er nur finanzielle Reserven für wenige Monate hatte, war das Thema rasch erledigt. Er realisierte, dass er den Traum für den Moment bleiben lassen und sich eine neue Stelle im angestammten Bereich suchen musste, was ihn frustrierte. Auf meine Frage, wann er sich zum letzten Mal Gedanken zum Take-Away gemacht hätte, antwortetet er: Vor zwei Jahren. Ein Blick in seinen CV offenbarte, dass damals ebenfalls auf Stellensuche war. In den vergangenen zwei Jahren hat er zu diesem Thema nichts unter-nommen. Ich prophezeite ihm, dass sein Traum frühestens bei der nächsten Stellenlosigkeit wieder auftauchen würde, wenn er seine Vorgehensweise in der Karrieregestaltung nicht änderte.

Dringlichkeit und Wichtigkeit

Dies ist eine typische Situation mit der Schwierigkeit vom Umgang mit Dringlichkeit und Wichtigkeit. Es handelt sich beim Projekt «Take-Away» um eine wichtige Angelegenheit; schliesslich geht es möglicherweise um die Realisierung eines Lebenstraumes. Aber dringend ist seine Einkommenssicherung durch Suche einer neuen Stelle. Als B-Aufgabe in der Eisenhower-Matrix kann er das Take-Away nur dann realisieren, wenn er das Vorgehen genau plant.

Dies braucht Energie und Zeit. Wenn er wieder einen Job hat, kann er sich in seiner freien Zeit mit dem Projekt beschäftigen. Dabei empfiehlt es sich, ein Job-Research zu machen. Noch besser würde er einige Zeit nebenbei im Gastgewerbe arbeiten, um die Branche in der Praxis kennenzulernen. Als ehemaliger Gastgewerbler beobachte ich, dass viele Menschen romantisierte Vorstellungen von dieser Branche haben, in welcher viel und hart gearbeitet und oft wenig verdient wird.

Sollte mein Kunde nach vertiefter Analyse seinen Traum dann immer noch verwirklichen wollen, geht es unter anderem darum, einen Businessplan zu erstellen und eine gründliche Marktanalyse durchzuführen.

Allerdings lösen sich viele Träume bei näherer Betrachtung in Luft auf. Das ist nicht weiter schlimm, denn es schafft Platz für neue Ideen.

#karriere #standortbestimmung #aktivekarrieregestaltung

Äussern Sie Ihre Bedürfnisse, vielleicht hat niemand etwas dagegen

Bei meinen Kundinnen und Kunden beobachte ich immer wieder, dass sie ihre Bedürfnisse im aktuellen Job zu wenig artikulieren. Sie erwarten, bei ihren Vorgesetzten damit nicht auf Verständnis zu stossen. Tatsächlich plädiere ich dafür, vor allem im Bewerbungsprozess persönliche Anliegen zu verhandeln, da zu diesem Zeitpunkt der Hebel zur Durchsetzung grösser ist. Aber gut argumentiert sind persönliche Bedürfnisse oft auch on the job durchsetzbar; vielleicht noch nie so leicht wie heute.

Peter Näf

Mein Kunde arbeitete bei einer Bank im Produkt Management und führte ein Team von vier Mitarbeitenden. Er war unter anderem für die Entwicklung neuer Produkte verantwortlich. Dieser Teil seiner Aufgaben interessierte ihn am meisten und bewegte ihn seinerzeit zur Übernahme dieser Funktion.

Aufgrund des hektischen Tagesgeschäftes kam er viel zu wenig dazu, sich mit konzeptionellen Aufgaben zu beschäftigen. Wie es der Logik der bekannten Eisenhower-Matrix entspricht, haben ihn die dringlichen Tagesaktualitäten unterschiedlicher Wichtigkeit von der wichtigen, aber nicht unmittelbar dringenden Projektarbeit abgehalten.

B-Aufgaben müssen geplant werden

Die sogenannten B-Aufgaben in der Eisenhower-Matrix, welche zwar wichtig aber nicht dringend sind, können nur durch verlässliche Planung bewältigt werden. Ich fragte meinen Kunden, wie viele Zeitfenster von welcher Länge er pro Woche benötigte, um ungestört an seinen Projekten zu arbeiten. Er nannte mir zwei mal drei Stunden. Ich schlug ihm vor, diese beiden Zeitfenster verbindlich jede Woche in seinem Kalender einzutragen. Zudem solle er während dieser Zeiten sein E-Mail ausschalten, das Sekretariat anweisen, keine Anrufe durchzustellen und seinen Mitarbeitenden zu sagen, dass sie ihn nur stören dürften, wenn das Haus in Flammen stünde.

Dieses Vorgehen war für ihn undenkbar. Er argumentierte, sie pflegten bei der Bank eine Open-Door-Policy und auch gemäss seinem persönlichen Führungsverständnis wolle er für seine Mitarbeitenden immer erreichbar sein. Er erwartete sowohl von seinen Mitarbeitenden als auch seinen Vorgesetzten Widerstände gegen dieses Ansinnen.

Mit guten Argumenten überzeugen

Ich motivierte ihn dazu, die neue Zeitplanung trotzdem umzusetzen und war zuversichtlich, dass alle seine Ansprechpartner dafür Verständnis zeigten, wenn er ihnen seine Beweggründe erläuterte. Zudem ist es Mitarbeitenden zuzumuten, Fragen bei denen sie sich nicht selber helfen könnten, aufzunotieren und gesammelt vorzutragen.

Bis zur nächsten Sitzung hatte er seine neue Arbeitsplanung umgesetzt. Seine Mitarbeitenden und Vorgesetzten hatten nicht nur nichts gegen dieses Vorgehen einzuwenden, sie fanden es sogar eine ausgesprochen gute Idee. Zwei seiner Peers haben es ihm gleich nachgemacht. Denn im Grunde kannten alle das Problem, hartnäckige Pendenzen im Alltag wegen dauernden Unterbrechungen nicht abgearbeitet zu kriegen.

Mit Homeoffice hat sich dieses Problem zwar etwas entschärft, da konzeptionelle Arbeit zu Hause erledigt werden kann. Wobei es auch da ein diszipliniertes Vorgehen braucht, um alle Störungen während der Blockzeiten konsequent auszuschalten.

#coaching #standortbestimmung #karriere

Introvertiert ist kein Schimpfwort

Meine Kundin zeigte einen verschämten Gesichtsausdruck, als hätte ich bei etwas Verbotenem erwischt und Sie entschuldigte sich sogleich, es sei aber nicht «sooo schlimm». Sie reagierte damit auf meine Frage in der Standortbestimmung, ob sie sich als eher extravertiert oder introvertiert einschätze; sie bekannte sich zu letzterem. Höchste Zeit, eine Lanze zu brechen für die Introvertierten und nicht nur, weil ich selber dieser unterschätzten Spezies angehöre.

Peter Näf

Es ist nachvollziehbar, dass sich eher extravertierte Menschen schwer tun mit der gelegentlichen Verschlossenheit von Introvertierten; vor allem, wenn diese unter Druck geraten. Aber es muss zu denken geben, dass viele meiner introvertierten Kundinnen und Kunden ihre Eigenart selber als Schwäche bezeichnen und glauben, sich dafür entschuldigen zu müssen, während sie Extravertiertheit uneingeschränkt als Stärke sehen.

Dabei ist selbstverständlich niemand ausschliesslich das eine oder das andere. Wir haben immer beide Aspekte in uns, einfach in unterschiedlich starker Ausprägung. Und auch haben beide Charakterzüge ihre positiven und negativen Seiten. Was führt zu dieser einseitig unvorteilhaften Wahrnehmung in Introvertierten?

Introvertiert bedeutet nicht unsozial

Was Introvertierten zuweilen als ungesellig oder abweisend angekreidet wird, ist ihr Bedürfnis sowie ihre Fähigkeit allein zu sein. Ich selber bin ein geselliger Mensch und liebe den Austausch mit anderen – schliesslich arbeite ich als Coach täglich mit Menschen zusammen. Aber ich brauche regelmässig den Rückzug, sei es physisch oder auch nur mental, um meine Eindrücke zu verarbeiten und mit meiner Innenwelt in Einklang zu bringen.

Dies erschwert es mir unter anderem in Diskussionen immer sofort Stellung zu beziehen oder spontan Entscheidungen zu treffen. Früher habe ich mich dafür geschämt, da ich mich selber als schwierig im Umgang empfand. Seit ich weiss, dass ich meine Meinungen in der Stille bilde und ich eine gute Entscheidung nur nach eingehendem Dialog mit mir selber fällen kann, erwarte ich in dieser Hinsicht nichts mehr von mir, dass ich nicht bieten kann.

Schliesslich ist die positive Seite dieser Eigenart, dass es oft die Introvertierten sind, welche die Lösung für ein Problem sehen. Dies vermutlich da sie mehr zuhören als sprechen und die Ideen von anderen aus einer gewissen Distanz vergleichen und einordnen können.

Entwickeln Sie Selbstbewusstsein

Seit ich mich mit meiner introvertierten Wesensart versöhnt habe, verstehe ich besser, was anderen den Umgang mit mir zuweilen erschwert. Und ich bin in der Lage meine Eigenheiten und die damit verbundenen Bedürfnisse klar zu äussern; ich stosse dabei fast ausschliesslich auf Verständnis.

Ein Beitrag für ein produktives Miteinander von Introvertierten und Extravertierten – denn es braucht immer beide – wäre also, wenn Introvertierte sich selber besser verstünden und Ihr Wesen akzeptierten. Damit könnten sie sich erklären und es Extravertierten ermöglichen, ihre manchmal irritierenden, stilleren Mitmenschen besser kennenzulernen.

Dazu empfehle ich allen das Buch von Susan Cain: «Still: Die Macht der Introvertierten in einer Welt, die nicht aufhören kann zu reden.» Es war vor 10 Jahren in den USA ein Bestseller und hat seitdem nichts an Aktualität eingebüsst.

#standortbestimmung #staerken #schwaechen #persoenlichkeitsentwicklung

Fachkräfte (Selbstbewusstseins-) Mangel

Der Begriff Fachkräftemangel ist allgegenwärtig. Viel wird geschrieben, wie Unternehmen diesem Missstand begegnen könnten: Sie müssten offener werden für alternative Profile, wegkommen von der Erwartung einer 100%-Passung, mehr in ältere Mitarbeitende investieren, usw. Damit bin ich einverstanden! Was aber können Stellensuchende in dieser Situation tun? Mehr als Sie möglicherweise denken!

Peter Näf

Die folgende Situation erlebe ich oft: Ein Kunde sandte mir zu meiner Vorbereitung des Bewerbungscoachings eine vollständige Bewerbung, inklusive das dazugehörige Stelleninserat. Nach dem Studium von Inserat und Lebenslauf wunderte ich mich, wie mein Kunde auf die Idee gekommen sei, er könnte auf die Stelle passen. Auf meine entsprechende Frage in der Beratung reagierte er ungläubig; für ihn war die Passung anscheinend offensichtlich, er konnte sie mir aber auch mündlich nicht nachvollziehbar darlegen.

Für die Optimierung seines Lebenslaufes habe ich ihn zu seinen verschiedenen Stellen befragt und so lange insistiert, bis ich seine beruflichen Erfahrungen verstanden habe. Allmählich erkannte ich, dass er für die Stelle nicht nur geeignet, sondern meines Erachtens geradezu optimal qualifiziert war. Nur – in seinem Lebenslauf war das nicht zu erkennen, da er bis dahin nicht im genau gleichen Bereich tätig war.

Ein aussagekräftiger CV ist kein Auslaufmodell

Wie soll eine Recruiterin meinen Kunden aus möglicherweise über hundert Bewerbungen rauspicken und zu einem Gespräch einladen, wenn er selber nur ein sicheres Gefühl hat zu passen, dies aber nicht ausdrücken kann? Ich höre immer wieder die Ansicht, Lebensläufe seien im Bewerbungsprozess überbewertet; eine Kurzzusammenfassung auf einer Seite genüge. Die Rekrutierung fände schliesslich in den Bewerbungsgesprächen statt.

Ich bin einverstanden, dass das Höchste, was ein guter Lebenslauf Ihnen bescheren kann, die Einladung zu einem Gespräch ist. Aber für die Entscheidung, wen sie zu einem Gespräch einladen wollen, brauchen Recruiter relevante Informationen. Denn eines ist sicher: Sie werden nicht mit 100 Bewerbenden ein Gespräch führen. Und wer sein Profil in den Bewerbungsunterlagen nicht nachvollziehbar beschreiben kann, ist auch für ein Bewerbungsgespräch nicht genügend vorbereitet.

Schreiben, wie Sie sprechen

Die grosse Herausforderung beim Erstellen der Bewerbungsunterlagen besteht nicht in der schriftlichen Formulierung, sondern im Erinnern der eigenen Erfahrungen, dem Erarbeiten des persönlichen Profils sowie dessen Abgleich mit der Stelle. Das ist harte Arbeit. Erst dann folgt die Formulierung und zwar in der Weise, wie wir uns auch mündlich ausdrücken – klar und ohne Marketing-Sprech.

Meine Kundinnen und Kunden melden mir immer wieder zurück, dass ihr sorgfältig erstellter Lebenslauf Wirkung erzielt. Da leider viele Bewerbende zu wenig Zeit ins Erstellen ihres CV’s investieren, werden aussagekräftige Unterlagen positiv wahrgenommen.

Stellen Sie durch gute Kommunikation sicher, dass Sie von Recruitern für Stellen erkannt werden, auf die Sie passen! Und denken Sie dabei immer daran, dass der Wurm dem Fisch schmecken muss und nicht dem Angler!

#selbstbewusstsein #standortbestimmung #storytelling

Behalten Sie Ihre Ziele im Auge, nicht Ihre Widersacher

Die nachhaltigste Lektion beim Autofahren Lernen hat mir mein Vater erteilt: Wir fuhren auf der Autobahn und da ich ein vorsichtiger Lenker war, forderte er mich auf, den vor uns fahrenden Lastwagen mit Anhänger zu überholen. Da dieser schnell fuhr, musste ich stark beschleunigen, um an ihm vorbeizukommen, was mich sehr stresste. Beim Überholen stellte ich auf halber Höhe entsetzt fest, dass ich langsam auf den Lastwagen zusteuerte und Gefahr lief, in dessen Seite zu fahren.

Peter Näf

Glücklicherweise konnte mein Vater das Steuerrad noch rechtzeitig zurückdrehen und er sagte mir, ich solle meinen Blick dahin wenden, wo ich den Wagen hinsteuern wolle. Diese Lektion hat sich aufgrund des Schocks tief in meiner Erinnerung eingebrannt und hilft mir seither nicht nur beim Autofahren. Vor einiger Zeit habe ich die Episode im Coaching einer Kundin erzählt, die auch Gefahr lief zu kollidieren – mit einem Arbeitskollegen.

Meine Kundin arbeitete als Führungskraft in einem Industriebetrieb, der mit grossen Veränderungen konfrontiert war. Daher waren die Zuständigkeiten nicht immer eindeutig geregelt und sie musste sich mit ihren Arbeitskollegen auf gleicher Stufe laufend abstimmen. Dabei äusserte sie den Verdacht oder vielmehr die Überzeugung, einer ihrer Peers wolle seinen Einflussbereich auf ihre Kosten erweitern.

Nehmen Sie Widersacher aus dem Fadenkreuz

Ihr vermeintlicher Widersacher war mehrmals Thema in unserem Coaching und ich stellte fest, dass sie sich so auf ihn eingeschossen hatte, dass er sie dauernd ablenkte. Er brachte sie regelmässig in Emotionen und hatte dadurch Macht über sie.

In unserem Gespräch realisierte sie, dass sie ihre Ziele aus den Augen verloren hatte; sie konnte sie nicht mehr sehen, da Ihr Arbeitskollege davorstand. Ich offerierte ihr eine Intervention, wie ich sie in ähnlichen Situationen bei mir anwende: Erstens gestehe ich mir ein, dass die Absichten meines vermeintlichen Widersachers möglicher-weise andere sind als die, welche ich ihm unterstelle. Und zweitens verschiebe ich die Person vor meinem geistigen Auge aus dem Fokus nach rechts aussen, sodass ich sie im Augenwinkel noch wahrnehme. Damit habe ich meinen Blick frei auf das, was ich erreichen will, habe aber meinen (vermeintlichen) Widersacher im Blickfeld für den Fall, dass er gegen meine Interessen arbeitet.

Emotionsmanagement bedeutet Freiheit

Meine Kundin hat diese Vorgehensweise erfolgreich angewandt. Da sie sich auf ihre Ziele fokussierte, konnte Sie ruhig und überlegt reagieren, wenn ihr Arbeitskollege etwas unternahm, was diesen widersprach. Es wurde für sie irrelevant, was die Motive hinter seinem Handeln waren. Schliesslich ist es sein gutes Recht, seine eigenen Ziele zu verfolgen. Mit ihrer neuen Haltung hatte meine Kundin ihre Emotionen unter Kontrolle und konnte überlegt handeln. Vorher hat ihr Arbeitskollege sie – bewusst oder unbewusst – über ihre Emotionen gesteuert. Und zu guter Letzt war sie sich auch nicht mehr so sicher, dass er ihr wirklich schaden wollte, was ihre Arbeitsbeziehung verbesserte.

Behalten Sie also immer ihre Ziele im Fokus und mögliche Hindernisse noch wahrnehmbar im äusseren Blickfeld.

#coaching #emotion #emotionsmangement

Machen, nicht denken! Design Thinking für Ihre Karriere

Beim Nachdenken über ihre Karrieregestaltung stossen meine Kundinnen und Kunden immer wieder an ihre Grenzen. Wir können und müssen uns viel überlegen, kommen aber ab einem bestimmten Punkt nicht mehr weiter. In dieser Situation hilft ein Konzept aus dem Design Thinking: «Prototyping»: Oder wie im Folgenden beschrieben: Job-Research.

Peter Näf

Mein Kunde arbeitete seit einigen Jahren als Manager bei einer Schweizer Bank; davor war er seit seinem Studienabschluss während fünf Jahren in der Unternehmensberatung tätig. Wir machten eine Standortbestimmung, um seine nächsten beruflichen Schritte zu bestimmen.

Gegen Ende der Zusammenarbeit haben wir Job-Möglichkeiten ausgearbeitet, die für ihn in Frage kommen könnten. Dabei nannte er unter anderem Spezialist in den Bereichen Venture Capital oder Private Equity. Aufgrund des Eindrucks, den ich von ihm in der Zusammenarbeit gewonnen hatte, äusserte ich Zweifel, ob er wirklich an diesen Geschäftsbereichen interessiert sei.

Erkennen der eigenen Hypothesen

Er war über meine Einwände erstaunt und versicherte mir, dass diese Branchen und Aufgaben ihn schon seit Studienzeiten interessierten. Trotzdem war ich überzeugt, dass er sich falsche Vor-stellungen machte. Ich kannte aus meiner Zeit als Headhunter die Tendenz von Stellensuchenden, diese Fachgebiete zu überhöhen.

Ich schlug ihm daher folgendes Vorgehen vor: Er solle jeweils drei Leute, die in den Bereichen Venture Capital und Private Equity tätig sind, zu ihrem Beruf interviewen. Es handelt sich um wenige Fragen, mit denen Interviewende genügend Informationen gewinnen können um zu erkennen, ob sie das entsprechende Berufsfeld wirklich genügend interessiert, um sich darauf zu bewerben.

Ausprobieren geht nicht mehr

Bis zu unserem nächsten Termin zwei Wochen später hatte mein Kunde tatsächlich sechs Interviews geführt und dabei realisiert, dass seine Vorstellungen der Berufsbilder nicht der Realität entsprachen. Er konnte sie damit verwerfen, was Platz für neue Ideen schaffte. Vor allem aber war er so begeistert von der Methode des Job-Researchs, dass er bereits zur Prüfung neuer Berufsideen Interviewtermine vereinbart hatte.

Vielen Menschen suchen eine berufliche Veränderung, ohne sich vorgängig genügend mit den Realitäten im neuen Beruf auseinandergesetzt zu haben. In den frühen Jahren der Karriere ist das kein Problem; da probieren wir aufgrund ungenügender Kenntnis sowohl unserer Bedürfnisse als auch der beruflichen Anforderungen verschiedenes aus. Mit zunehmender Seniorität werden wir nicht mehr fürs Ausprobieren eingestellt, sondern nur noch fürs Liefern. Daher müssen wir uns die Informationen auf anderem Wege besorgen, um fundierte Entscheidungen zu treffen.

Nichtsdestotrotz sind die eigenen Hypothesen unabhängig von ihrer Realitätsnähe ebenso wertvoll für die Karrieregestaltung: Sie geben Aufschluss über unsere Bedürfnisse in Bezug auf den Job-Inhalt und das Job-Umfeld. Aber das ist Thema für einen neuen Artikel.

#karriere #standortbestimmung #jobresearch

Vergessen Sie das «Wir» im Selbstmarketing!

Beim Storytelling im Rahmen Job-Interviewtrainings kommunizieren viele meiner Kundinnen und Kunden in der «Wir»-Form, gelegentlich sogar in der «man»-Form. Auch wenn das «Wir» im Gegensatz zum «man» noch etwas sympathisches hat, ist beiden Formen etwas gemeinsam: Der persönliche Beitrag sowie die Stärken der Erzählenden werden in den Schilderungen nicht sichtbar.

Peter Näf

«In unserer Firma ist es verpönt, in der Ich-Form zu sprechen – Leistungen werden bei uns immer in der Wir-Form beschrieben; schliesslich erreichen wir unsere Ziele nur gemeinsam». Dies war die Antwort einer Kundin auf meinen Einwand, sie müsste für gutes Selbstmarketing mehr in der ersten Person sprechen.

Diese Sprachregelung ist in vielen, vor allen internationalen Konzernen verbreitet. Anscheinend handelt es sich um den Versuch, damit auf die Haltung von Mitarbeitenden einzuwirken und einen Bewusstseinswandel zu erzeugen. Ob Haltungsänderungen über Sprachregelungen erreicht werden können, ist in anderem Zusammenhang Gegenstand hitziger Diskussionen und braucht uns hier nicht weiter zu interessieren.

Selbstbewusstsein erfordert das Ich

Allerdings tue ich mich aus einem anderen Grund schwer mit dieser Vorgabe: In all meinen Jahren als Karrierecoach habe ich bei meinen Kundinnen und Kunden als den vielleicht grössten Stolperstein auf dem Weg zu einer erfüllenden Karriere den Mangel an Selbstbewusstsein kennengelernt. Auch höchst qualifizierte Menschen haben viel zu oft Mühe zu erkennen, was ihre Stärken sind und was sie vor anderen auszeichnet.

Diese Erkenntnis können Menschen, die nicht mit einem natürlichen Selbstbewusstsein gesegnet sind, nur durch die Erfahrung ihrer eigenen Selbstwirksamkeit und deren Auswertung gewinnen. Dafür müssen Mitarbeitende die Möglichkeit haben, ihre Leistungen und ihren persönlichen Beitrag zur Zielerreichung zu sehen und sich auch ans eigene Revers zu stecken.

Eine gute Zusammenarbeit im Team zu fördern ist wichtig und ein nachvollziehbares Anliegen. Aber es darf nicht auf Kosten des Selbstbewusstseins der Mitarbeitenden gehen.

Mit Storytelling sich selber kennenlernen

Dabei spreche ich nicht den Schaumschlägern das Wort, welche sich nicht nur die eigenen, sondern auch die Leistungen anderer als persönlichen Erfolg anrechnen. Führungskräfte tun gut daran, diese Art der Selbstüberhebung im Team zu sanktionieren. Mir geht es hier um Eigenwerbung im besten Sinne des Wortes: Realisieren, was ich getan habe und dies wahrheitsgetreu erzählen – Storytelling im besten Sinne. Auch Unternehmen haben im Rahmen der Mitarbeiterbindung ein Interesse daran, dass ihre Mitarbeitenden wissen, was sie können und sich idealerweise intern erfolgreich weiterentwickeln.

Wir sind uns in unserer Gesellschaft offenbar einig darüber, dass Menschen ihre im Unternehmen erworbenen Fähigkeiten mitnehmen und in einem anderen Unternehmen einbringen dürfen. Da ist es nur folgerichtig, dass ihnen auch das Selbstbewusstsein gehört, welches sie durch ihre erbrachten Leistungen erworben haben.

#selbstmarketing #personalbranding #bewerbung

Karrieredesign

Design Thinking für Ihre Karriere

Design Thinking erfreut sich grosser Beliebtheit. Ansätze davon lassen sich auch in der Karrieregestaltung anwenden. Es ist dies ein alternativer Ansatz zur Karriereplanung. Karriere ist schlecht planbar und stattdessen wie beim Design eines Produktes Ergebnis eines Prozesses. Sie entwickelt sich unter Einbindung von Erfahrungen und Ideen, die sich unterwegs ergeben. Wäre eine Karriere planbar, könnten wir heute bestimmen, wo wir in 10 Jahren beruflich stehen. Planbarkeit setzt aber eine gewisse Stabilität der Daten voraus, die in die Planung einfliessen. In der Karriere aber gibt es fast nicht Voraussagbares. Im raschen Wandel verändern sich Berufsbilder; ganze Berufe sterben aus, neue entstehen. Wir wissen daher nicht, was für Profile in zehn Jahren gesucht werden. Nicht einmal unsere Bedürfnisse sind konstant: Wir können nicht voraussehen, wie wir die Welt in einigen Jahren sehen werden. Persönliche Erlebnisse, Schicksalsschläge, fortschreitendes Alter oder schlichtes Umdenken verändern unsere Prioritäten und lassen uns andere Ziele anstreben.

Wir brauchen einen Kompass, keine Landkarte

Wenn wir die Karriere nicht planen können, sollen wir sie dann dem Zufall überlassen? Ich denke, dass wir trotz allem grossen Einfluss auf deren Ausgestaltung haben. Zuallererst rate ich, die Karriere auf etwas aufzubauen, das über die Zeit konstant bleibt – unsere Talente und Stärken. Auch haben wir Interessen und Neigungen, die unserer Karriere eine Richtung geben können. Die konkrete Ausgestaltung wird sich dann in Zukunft zeigen auf Basis der sich laufend verändernden Umstände. Daher brauchen wir für unserer Karriere-Navigation keine Landkarte, sondern einen Kompass. Eine Landkarte funktioniert, da sich die topographischen Verhältnisse so langsam verändern, dass sie über längere Zeit Gültigkeit hat. Eine Karriere ist dahingehen eher vergleichbar mit einer Schifffahrt mit all ihren Unwägbarkeiten des Wetters und der Strömungen. Wir müssen uns in der Karrieregestaltung also immer wieder den Gegebenheiten anpassen und neue Lösungen finden. Wenn wir offen dafür sind und Neues ausprobieren, entsteht eine Karriere wie von selbst.